Noch nie habe ich im Kinopolis erlebt, dass der jüngste Zuschauer neben mir geschätzte 60 war – und seine Mutter im Schlepptau hatte. Auch die weniger anderen Gäste haben den Renteneintritt bereits längst hinter sich gelassen. Warum der Historienfilm „Renoir“ aber auch vielen Jüngeren nicht schaden würde, erfahrt ihr in meiner Rezension.

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Film-Rezension von Mario Zollitsch

 

Renoir²

renoir screenDer Film behandelt die letzten Jahre des impressionistischen Künstlers Pierre-Auguste Renoir. Zugleich wird aber auch sein Sohn, Jean Renoir, der später ein berühmter Regisseur wurde, in den Mittelpunkt der Geschichte gestellt. Das Bindeglied zwischen Vater und Sohn ist die schöne Andree´, die für den Künstler Modell steht und ihm neue Inspiration und Lebensmut bringt. Doch auch der Sohn Jean wird von ihr angetrieben, endlich aus dem Schatten des Vaters herauszutreten.

In Renoir wird wenig über die Vorgeschichte des Künstlers erzählt. Vielmehr wird die letzte Schaffensphase, die von schwerer Arthritis geprägt ist, genauer beleuchtet. Der Film beginnt 1915, als Renoir schon längst in seinem Haus an der Cote  d`Azur ein zurückgezogenes Leben verbringt. Beide älteren Söhne sind bereits außer Haus und im Krieg verwundet. Seine  Ehefrau ist verstorben und der jüngste Sohn pflegt ein – gelinde gesagt – weniger gutes Verhältnis zu seinem alten Vater.

 

Impressionistischer Film

Frühlingslandschaft - RenoirGille Bourdos, Regisseur von Renoir, legt den Schwerpunkt seines Filmes auf das Einfangen der Eindrücke, welche die Figuren erleben. Viele Szenen spielen im Freien und lehnen sich an die Werke Renoir´s an. Sowohl musikalisch, als auch szenisch wurde versucht, die Momente impressionistisch auszudrücken. Und das gelingt auch. Eine insgesamt sehr langsame und gemächliche Kameraführung, die schnelle Bewegungen und übermäßig viele Cuts meidet, lässt Natur und Modelle lange auf den Zuschauer wirken. Auch unscharfe Einstellungen erinnern an die Originale Renoirs. Viele bunte Farben, wenig scharfe Kanten. Schönheit, Lebensfreude und ineinander greifende Szenenbilder setzen das Leitthema als Gesamtwerk um.

 

Kontrastprogramm

renoir screen 2Überschattet werden diese positiven, ungetrübten Eindrücke von Musik und Bild allerdings durch die persönlichen Probleme der Protagonisten. Pierre-August Renoir leidet unter seiner immer fortschreitenden Krankheit. Im Rollstuhl sitzend, den Pinsel an die Hand gebunden, wendet er die letzten Kräfte auf, um ein Gemälde nach dem nächsten zu erschaffen. Die Malerei ist seine Lebensaufgabe. Die Beziehungen zu seinen Söhnen ist schlecht. Auch wirkt er durchgehend als verbitterter, unsympathischer Mann. Nur die Malerei bereitet ihm Freude. Als Zuschauer bewundert man seine Hartnäckigkeit, seine Zähheit, seine Willenskraft. Zugleich verabscheut man aber den hässlichen Charakter, der dem Genie inne wohnt.

Auch das Modell, Andree, wird nicht zum Liebling des Publikums. Auch sie ist gänzlich unsympathisch als Person, Christa Theret spielt die Rolle allerdings überwältigend. Die junge Frau denkt in erster Linie an ihren eigenen Vorteil und steht am Ende zwischen dem alten Maler und dem jungen Jean Renoir. Auch wenn durch die persönlichen Beziehungen zwischen den Protagonisten persönliche Differenzen entstehen, spielt Andree das Bindeglied zwischen den beiden Männern. Ein wirkliches Happy End wird es allerdings nicht geben.

 Das Ende wird ausgeblendet, französischer Text erzählt den weiteren Werdegang der Protagonisten. Wieso hier nicht ins Deutsche übersetzt wurde, ist mir ein Rätsel. Meine Französischkenntnisse beschränken sich leider auf Ähnlichkeiten mit dem Lateinischen und dem Englischen. Dadurch habe ich zwar das meiste Verstanden – unter anderem auch da mir die Biographien von Jean und seinen Brüdern in Groben Zügen bekannt war – doch eine Übersetzung hätte hier schon noch Platz gefunden.

 

Fazit            sehr gut

Nicht die Geschichte steht im Vordergrund bei „Renoir“. Es sind die Aufnahmen und die zugehörige Musik, die das impressionistische Gesamtwerk ausmachen. Im Film wird zwar gesagt, dass Franzosen niemals guten Film machen werden – doch ich bin hier anderer Meinung. Das Thema schreckt leider viele ab – doch es würde nicht schaden, wenn auch jüngeres Publikum etwas Kultur abbekommen würde. Zwar handelt es sich bei Renoir um ein Historiendrama, doch wir werden nicht mit Fakten und Wissen zugeschüttet, sondern können zwei Stunden lang Kunst genießen – im krassen Kontrast zu den persönlichen Differenzen der Protagonisten. Renoir ist eine wunderbare Abwechslung zu den doch meist ähnlichen Hollywood-Produktionen und sollte auf alle Fälle besucht werden.

 

 

Info
Genre Drama, Historie
Kinostart 07.02.2013
FSK ab 0
Verleih Arsenal Filmverleih
Dauer: 112 Minuten
Regie Gillle Bourdos
Schauspieler

Michel Bouguet (August Renoir)

Christa Theret (Andree)

Vincent Rottiers (Jean Renoir)

Produktion 2012
Komponist Alexandre Desplat
Website @Renoir – der Film

 

 

KINOPOLIS LANDSHUT kleinDank gilt auch in diesem Fall wieder dem Kinopolis Landshut, das uns den Besuch des Filmes ermöglicht hat.