Kriegswunden sollen angeblich nie verheilen und auch bei Hase Rayton trifft das zu, denn die Geister des Krieges scheinen ihn einzuholen. Der Hase muss sich mit der Frage konfrontieren, ob er sich diesen stellen will und wenn ja zu welchem Preis? „F.I.S.T.“ verpackt diese Geschichte in ein ansprechendes „Metroidvania“, dem ich mich gestellt habe. In unserer Review verrate ich euch, warum mich ein „an der Hand nehmen“ hier weniger stört als „Gesiezt“ zu werden!

Autor: Alex

Konsole: Playstation 5

Inhaltsverzeichnis:

Handlung: Gegen die Freunde der Vergangenheit oder die Dämonen der Zukunft?

Einst war Rayton (oder kurz einfach „Ray“) ein Kriegsheld. Gemeinsam mit seinen Kameraden hat er in einem schweren Krieg rund um Torch City gedient – siegreich. Doch diese Zeiten sind längst vergangen. Während die Stadt nun von einem diktatorischem Roboterhunde-Clan kontrolliert wird, zerfrisst sich Ray in Selbstmitleid und dem Schmerz vergangener Tage. Auch sein Kumpel, ein an Maschinen tüftelnder Bär kann das nicht ändern. Dieser hat Rays alte Kriegswaffe wieder voll einsatzfähig gemacht. Ein gigantischer Mecha-Arm. Doch da gibt es ein Problem: Die Roboter-Hunde. Ehe sich Ray und sein Kumpel versehen, landen diese eben wegen diesem Arm im Gefängnis.

Es ist dieses Erlebnis, dass in Ray den Gedanken keimen lässt, dass sich etwas ändern muss. Also planen die beiden nicht nur den Gefängnisausbruch, sondern auch die Befreiung von Torch City! Doch wie geht man sowas in einem „Zwei-Mann-Todeskommando“ an? Richtig: Schritt für Schritt. Und diese Schritte kommen überraschend klar und deutlich auf sie zu und wollen gar nicht gesucht werden.

Ehe sich Ray allerdings versieht, findet er sich nicht nur im Krieg gegen die Roboterhunde, sondern auch in einem großen Zwist zwischen den Hunden und Ratten, die einst mal ordentlich was zu sagen hatten. Für Ray ergibt sich daraus aber schnell eine Gelegenheit, denn durch die Konflikte kann er immer tiefer in die Geheimnisse und Beweggründe der beiden Clans eintauchen und findet so auch schnell immer mehr in seiner eigenen Mission heraus.

Doch seine Erkenntnisse sollen ihn zu einer erschütternden Wahrheit führen, von der er meint, dass er sie damals am Schlachtfeld hat sterben sehen…

Gameplay: Metroidvania trifft auf Steampunk-Charme

„F.I.S.T.: Forged in Shadow Torch” (ab jetzt nur noch „F.I.S.T.“) nimmt uns als Spieler sehr unvermittelt und direkt mit in seine Welt, seine Geschichte und stellt uns seine Charaktere vor. Das ist kein sonderlich ungewöhnlicher Kniff für ein Spiel aus dem Mix-Genre „Metroidvania“. Denn das Erkunden und (auch mal gemeinsame) Kennenlernen der Spielwelt mit dem Charakter ist dort ein Schlüsselelement. Letzteres fällt zwar weg, da unser Hauptcharakter Ray – der wie alle Charaktere im Spiel ein anthropomorphes Tier ist – in dieser Stadt zu Hause ist. Das hält den Hasen aber dennoch nicht davon ab geduldig mit uns jeden noch so kleinen Winkel dieser Stadt zu ergründen. Er hat sich in den letzten Jahren auch recht wenig rumgetrieben, da die Depression schlicht zu groß war.

Innerhalb der 2,5-D-Welt begegnet einem Genrekenner recht wenig Neues, das macht das Spiel auf der einen Seite zwar sehr „solide“ für Kenner, aber gleichzeitig für Neueinsteiger auch zugänglich. Denn „F.I.S.T.“ ist zu keiner Zeit in irgendeiner Form überladen. Der Handlungsverlauf wird immer recht offensichtlich vorgegeben und auch in Sachen Fähigkeiten überschlägt sich das Spiel nicht mit einer unüberschaubaren Vielfalt.

Ein Kernelement von „Metroidvania“-Titeln ist die Tatsache, dass man die Spielwelt bewusst erkunden muss, gleichzeitig aber noch nicht jeden Bereich betreten kann. Entsprechend benötigte Fähigkeiten werden im Verlauf des Spiels angeeignet. Auch hier gibt „F.I.S.T.“ immer eine klare Linie vor, so dass man nichts übersehen kann. Die zu lernenden Fähigkeiten erstrecken sich auch tatsächlich bis kurz vor die finale Konfrontation. Das erzeugt zwei Emotionen: Im Idealfall eine nie gebrochene Entdeckerlust, die es immer wieder spannend macht mit neuen Fähigkeiten zu alten Bereichen zurückzukehren. Im schlechtesten Fall allerdings genau das Gegenteil. Es kann sich eine gewisse „Entdeckermüdigkeit“ einstellen und ich nehme mich davon in diesem Titel nicht unbedingt aus. Denn die Verantwortlichen gehen hier mit einer überraschend großen Streuung vor. So dass einem bereits in den ersten Abschnitten eine Wegblockade begegnet, die man erst mit Fähigkeiten aus dem letzten Spielabschnitt beseitigen kann.

Dieser Umstand kann durchaus an der Spielfreude nagen, wenn man schon langsam ins Zweifeln gerät, ob man nicht doch eine Fähigkeit übersehen hat. Wer sich durch ein solches Tief müht und dann am Ende mit ebendieser Fähigkeit belohnt wird, hat dafür ein zufriedenes Grinsen mehr verbuchen können.

Insgesamt wird Ray auf seiner Reise durch Torch City sechs Fähigkeiten und drei Waffentypen für sich gewinnen können, zu denen sich dann nochmal zwei Angriffsfähigkeiten gesellen. Und auch wenn die drei Waffentypen (Mecha-Faust, Schlagbohrer – Wortwitz gewollt, Peitsche) eher überschaubar wirken, sie haben es alle drei in sich. Denn das Kampfsystem hat einen überraschend hohen Stellenwert innerhalb des Spiels. So wollen die Systeme nicht nur mit insgesamt 36 Fertigkeiten (fürs Upgrade werden Spielwährung und wahlweise sog. Datenträger benötigt) aufgerüstet und verbessert werden, sondern die verschiedenen Angriffskombinationen auch verinnerlicht werden. Das Besondere hier: Bei entsprechend hohem Lernwillen lassen sich auch Waffenübergreifende Kombinationen erlernen, mit denen man Gegnern nicht nur immens, sondern auch über einen sehr langen Zeitraum einheizen kann. Tipp: Sucht die Nähe zum „Sensei-Waschbären“, sobald ihr alle Waffen habt, dann könnt ihr euch in unfassbar anspruchsvollen Trainings-Sessions mit dieser fortgeschrittenen Angriffstaktik beschäftigen.

Und ja, ihr solltet euch auf jeden Fall mit ein paar Techniken auseinandersetzen, denn gerade die Konfrontationen mit Bossgegnern können sehr fordernd ausfallen, hier verlangt euch „F.I.S.T.“ dann in aller Regel weit mehr als eure Standard-Taktik ab. Diese extremen Sprünge in der Spielschwierigkeiten sagen mir nie wirklich zu, deshalb trübt es auch hier ein wenig meine Freude.

Doch natürlich dreht sich in einem „Metroidvania“ nicht alles ums Kämpfen. Das Entdecken steht auch hier im Fokus. Das Schöne: Ihr werdet nicht gezwungen die komplette Spielkarte mit seinen 14 Bereichen in Eigenverantwortung zu erkunden. Die Gebiete werden im Rahmen der Handlung entdeckt und angesteuert. Somit lernt ihr die überraschend weitläufige Welt von „F.I.S.T.“ nach und nach kennen. Es ist ein bisschen „an der Hand nehmen“, aber ich finde noch in einem erträglichen Rahmen, vor allem weil die wirklich ansprechende und dann und wann sehr emotionale Handlung hier die Federführung übernimmt.

Während eure Erkundungen, macht ihr natürlich auch Entdeckungen und auch hier hält das Spiel eine jederzeit überschaubare und nie überfordernde Anzahl an Sammelitems bereit. So könnt ihr

  • Items zu Verbesserung eurer Statuswerte (Gesundheit, Waffenausdauer, Spezialitems)
  • Spielwährung
  • Datenträger
  • Pflanzensamen (an der richtigen Stelle abgegeben liefern diese eine Menge Geld und sonstiger Nützlichkeiten)
  • Poster (liefert Farben zum Anpassen der Waffen)
  • Schallplatten (bekommt man für das 100% Erkunden eines Gebiets)

…und wer sich zu einem echten Stammkunden etablieren will, sollte sehr viele Nudeln beim roten Panda essen!

Grafik: Heruntergekommene Stadtviertel sehen selten schöner aus…

Optisch überrascht „F.I.S.T.“ bereits früh, wenn wir den ersten Blick auf Torch City, seine Bewohner und seine Unterdrücker werfen. Denn die Stadt ist herrlich gestaltet und versprüht eine steampunkähnliche Atmosphäre, der man sich nur schwer entziehen kann. Ähnliches gilt für die Charakterdarstellung, und zwar für ALLE. Egal ob für die Handlung wichtige Charaktere oder „Laufkundschaft“ auf der gegnerischen Seite. Jeder Charakter und jede Klasse wurde mit unglaublich vielen Details betraut und lassen somit eine gewisse Individualität aufkommen, die ein weiteres Atmosphäreplus erzeugt.

Insgesamt ist die Optik des Spiels erstaunlich gut und sehr stabil. Bildrateneinbrüche oder ähnliches gab es nie. Stattdessen wird man durchgehend mit messerscharfen und detailreichen Darstellungen versorgt, da verkraftet man es auch mal, dass nicht jeder Übergang ohne einen Ladebildschirm auskommt. Wirft man nämlich einen Blick auf die verschiedenen Gebiete, dann kommen hier unglaublich viele großartige Designs zum Vorschein, an denen man sich nur sehr schwer sattsehen kann – selbst wenn man leicht an der Verzweiflung nach dem letzten Geheimnis des Gebiets sucht.

Das letzte optische Highlight hält das Spiel dann bei den Kämpfen bereit, denn diese sind alle samt sehr wuchtig ausgearbeitet. Die Angriffe – egal ob die eigenen oder feindlichen – wirken selten leichtfüßig, stattdessen sind sie reich an Effekten und erhalten dadurch eine gewisse Wucht, die sich herrlich mit der Spielwelt und seinen Charakteren arrangiert. Man findet seinen Gefallen diese kraftvollen Attacken zu starten und dabei vom Effektbombast schier mitgerissen zu werden.

Sound: Von Sci-Fi-Jazz und sich siezenden Tierwesen

Mit einem Teilaspekt des Sounds kann man seine Probleme haben, aber der Reihe nach. Musikalisch trumpft in „F.I.S.T.“ ein sehr eigentümlicher und damit außergewöhnliche Musikmix auf. Dieser erinnert an eine Mischung aus wuchtiger Science-Fiction und zerbrechlichem Jazz. Das mag auf den ersten Moment etwas seltsam klingen, fügt sich aber gemeinsam mit der Optik zu einem herrlichen Gesamtpaket zusammen. Ihr könnt auch gerne mal vorab in den Soundtrack des Spiels hören – der ist allein schon echt gute Unterhaltung. Die Kompositionen legen sich genretypisch über den kompletten Verlauf des Spiels. Musikstille Passagen gibt es zwar, doch gefühlt halten sich diese sehr in Grenzen. Gerade die größeren Auseinandersetzungen sind wie die grafische Inszenierung wuchtig untermalt.

Der spannendere Aspekt ist jedoch aus meiner Sicht eher die Synchronisation und die dazugehörigen deutschen Bildschirmtexte. Denn während die Synchronisation ausschließlich auf Englisch ist, können die Bildschirmtexte auf Deutsch umgestellt werden. Dort waren sich die Verantwortlichen aber wohl nicht so ganz einig, ob es sich beim Englischen nun um ein formelles oder informelles handeln soll. Die deutschen Übersetzer haben sich auf jeden Fall für die formelle Note entschieden und somit Siezen sich sämtliche Charaktere – liest sich etwas seltsam aber man gewöhnt sich daran.

Dieses „ist seltsam aber man gewöhnt sich dran“ kann man übrigens dann auch für die Synchronisation verwenden, denn diese fällt überraschend tief aus. Alle Charaktere – egal ob die kleine Kanalratte im Rollstuhl oder der große Bär – brummen mit einer sehr tiefen Stimme vor sich hin. Zudem klingen die meisten Aufnahmen etwas metallisch bzw. blechern, was sich auch auf die Gesamtlautstärke auswirkt (gerne ein wenig die Lautstärke runterdrehen, sonst werdet ihr durchgehend angeschrien!). Insgesamt wurden im Spiel zudem auch nur die zentraleren Dialoge synchronisiert, trifft man auf für die Handlung unwichtige Charaktere, muss man sich mit Lesen begnügen.

Fazit: Als wäre man mit Samus´ Haustier unterwegs

Als ich das Spiel im Rahmen eines Streams das erste Mal gesehen habe, war ich direkt interessiert gemeinsam mit dem kleinen Hasen diese Stadt zu erkunden. „F.I.S.T.“ ordnet sich ohne Umschweife in die mittlerweile große Riege von „Metroidvania“-Titeln ein, die keines großen Studios bedurften, um mit ihrer großen Spielwelt und großartigen Inszenierung zu überzeugen. Bei „F.I.S.T.“ ist es für mich vor allem die Kompromisslosigkeit, mit der das Spiel seine Spieler auf der einen Seite an die Hand nimmt (nicht gerade genretypisch), gleichzeitig ihnen aber auch jederzeit Freiraum gibt, um eigenständig auf Entdeckungstour zu gehen und bereits besuchte Orte nochmal zu besuchen.

Als federführendes Element dient eine überraschend umfangreiche, wie emotionale Handlung, die von Kriegstraumata und Tyrannei erzählt. Jederzeit spannend und mit der ein oder anderen Wendung versehen, unterhält das Spiel damit bis zum Schluss. Damit überbrückt es auch die gelegentlichen Frustschübe, wenn man wieder eine Absperrung nicht passieren kann, weil einem die nötige Fähigkeit immer noch nicht über den Weg gelaufen ist. Oder man bei einem Endboss zum zwanzigsten Mal antreten muss, weil dieser immer wieder mit einem den Boden aufwischt. Es sind im Gesamtbild gesehen kleine Kanten, die einen wirklich guten Gesamteindruck zu keiner Zeit gefährden können.

Keep on Gaming

Wertung:

Pro und Contra

ProContra
Überzeugende HandlungSprunghafter Anstieg der Schwierigkeit (Bosskämpfe)
Überschaubare SammeleiGroße Streuung von Fundorten benötigter Fähigkeiten
Umfangreiche Angriffskombinationen 
Die Welt und ihre Charaktere 

Score

KategoriePunkteBegründung
Handlung7Die Geschichte rund um Rayton und seine Freunde bzw. ehemaligen Kriegskameraden überzeugt zu jederzeit. Die mit dem ein oder anderen Twist angereicherte Handlung führt konsequent, aber nicht überbordend durch die Welt von Torch City.
Gameplay7Unter der Federführung der Handlung verbirgt sich ein stabiles Netz aus zahlreichen – aber nicht zu vielen – Gameplay-Elementen, die das Spiel perfekt weiß einzusetzen. Die drei Waffen bieten beinahe unendlich viele Kombinationsmöglichkeiten und auch für die „Sucher und Sammler“ gibt es einiges zu tun – es schreckt aber niemals ab! Einzig die Tatsache, dass manche Fähigkeiten zum Überwinden von Absperrungen erst sehr spät gefunden werden, kann demotivieren.
Grafik8Optisch gibt sich das Spiel keine Blöße und kann problemlos mit Nintendos Genre-Vorzeigetitel „Metroid Dread“ mithalten. Die Steampunk-Welt von Torch City will erkundet werden und dank der verschiedensten Charakterdesigns wird das und auch das Kämpfen gegen Rays Feinde niemals langweilig – im Gegenteil!
Sound8Bemerkenswert abwechslungsreich begleitet ein Soundtrackmix aus beatlastigen und wuchtigen Sci-Fi-Tracks, aber auch zärtlichen Jazz-Musiken durch das komplette Spiel. Bei der Synchronisation geht es dann ein wenig schroffer zur Sache, wenn sämtliche Charaktere losbrummen und sich in der deutschen Textübersetzung Siezen.
Gesamtwertung77%„F.I.S.T.: Forged in Shadow Torch” entführt in ein gar nicht mal so kurzweiliges „Metroidvania“, das vor allem mit seiner bis ans Ende durchdachten Handlung, seinen sympathischen wie emotionalen Charakteren und der Stadt Torch City lockt. Genre-Experten mögen sich vielleicht ein wenig zu sehr „an die Hand genommen“ fühlen, doch für mich ist eben das ein Pluspunkt. Er macht das Spiel auch für Genre-Neulinge zugänglich und überfordert zu keinem Zeitpunkt – außer bei Bosskämpfen, da kann das Spiel echt biestig werden!

Infos:

PublisherBilibili
EntwicklerTiGames
Plattform(en)Playstation 4 Playstation 5 PC (Windows)
GenreMetroidvania
Release (Deutschland)07. September 2021
Websitehttps://www.biligame.com/detail/?id=105700&sourceFrom=1112&spm_id_from=333.337.0.0
Preis (Quelle: Steam)Ca. 30 € (Konsole ähnlich)
Alterseinstufung (USK)12 Jahre
SpielzeitCa. 18 Stunden
Systemanforderungen (bei Windows-PC) – Empfohlen (Quelle: Steam)Setzt 64-Bit-Prozessor und -Betriebssystem voraus Betriebssystem: Windows 10 version 1903 Prozessor: Intel Core i5-6400 Arbeitsspeicher: 16 GB RAM Grafik: NVIDIA GTX 1060 6GB Speicherplatz: 25 GB verfügbarer Speicherplatz Zusätzliche Anmerkungen: Please ensure NVIDIA graphic card driver above 472.12  

Trailer