Diverse Voodoo-Morde in New Orleans. Ein stark frauenverachtender Protagonist, der meine Sympathie anfangs gleich verloren hat. Und ein Remake eines Games, welches vor 21 Jahren der Renner war. Was kann man hier schon viel erwarten? Ich habe mir dennoch Gabriel Knight – Sins of the fathers genauer angesehen und war völlig überwältigt. Wieso zeigen wir euch in unserer Review.

PC-Review von Mario

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Hintergrund: Es war einmal….

ein sehr erfolgreiches Entwicklerstudio namens Sierra On-Line. Für die älteren Leser ist das sicherlich noch ein Name. Neben Lucas-Arts war es das größte Adventure-Studio. Und wem der Name „Gabriel Knight“ irgendwie bekannt vorkommt, dem möchte ich hier kurz auf die Sprünge helfen:
Gabriel Knight – Sins of the fathers wurde erstmals 1993 von Sierra On-Line veröffentlicht. Mit damals modernster 3D-Grafik und einem neuen, sinnvollen Spielsystem war GK – Sins of the fathers ein voller Erfolg. Schon allein die Synchronisations-Besetzung mit beispielsweise Tim Curry und Michael Dorn sprechen für sich.
1995 wurde bereits der Nachfolger auf den Markt geworfen: The Beast Within: A Gabriel Knight Mystery. Auch hier traf Sierra On-Line voll den Geschmack der Fans und das Computer Gaming World Magazine verlieh dem Spiel den Titel „Game of the year“.
Der dritte und bisher letzte Part wurde dann 1998 veröffentlicht, unter dem Titel: Gabriel Knight 3: Blood of the Sacred, Blood of the Damned.
Das ist nun also gut 16 Jahre her. Seither behält sich Activision die Rechte für die Gabriel Knight Reihe vor. Doch Jane Jensen, die schon damals die Charaktere und Story für den ersten Teil beigesteuert hat, versuchte immer wieder, einen vierten Teil der Serie in die Entwicklung zu bringen. Bisher leider vergebens. Allerdings gründete Jensen im April 2012 ein neues Studio mit dem Namen „Pikerton Road Studio“. Und dieses Studio hat den ersten Teil der Gabriel Knight Serie neu aufgelegt. Und so kommt es, dass wir nun 21 Jahren nach der Veröffentlichung von Gabriel Knight: Sins of the fathers eine Kopie in den Händen halten.

 

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Story: Voodoo in New Orleans

Im französischen Viertel von New Orleans besitzt Gabriel Knight, ein frauenliebender Junggeselle, einen mindererfolgreichen Buchladen. Zumindest besitzt er diesen Laden, denn organisiert und wirklich betrieben wird er von seiner hübschen, jungen Assistentin, die den Schürzenjäger allerdings nicht allzu nahe an sich heran lässt.
Gabriel Knight versucht sich dagegen als Autor und arbeitet derzeit an einem Buch über Voodoo. Passend wie die Faust aufs Auge finden in dieser Zeit obskure Morde in New Orleans statt, welche blutrünstigen Voodoo-Ritualen ähneln. Gabriel nutzt diesen Umstand selbstverständlich aus und recherchiert auf eigener Faust. Ihm kommt dabei zu Gute, dass sich der die Ermittlungen leitende Polizeibeamte nur allzu gerne im Buch und auf Bildern profilieren möchte und damit jede Menge nützliche, interne Informationen für Gabriel liefert. Je mehr Gabriel von den Charakteren der Voodoo-Szene und darum herum erfährt, desto seltsamer scheint der Fall, den die Polizei schnell als aufgeklärt zu den Akten legt. Und auch über sich selbst und seine Familie erfährt der Protagonist nach und nach Dinge, die in sein bescheidenes Leben nicht zu passen scheinen.

Auf den ersten Blick wirkt die Story ziemlich an den Haaren herbeigezogen: Eine praktizierende Voodoo-Szene in New Orleans? Ein dümmlicher Polizist, skurrile Charaktere, ein stark frauenfeindlicher Protagonist. Nicht unbedingt die Kombination, die man sich für ein spannendes Adventure wünscht. Doch es steckt viel mehr hinter dieser erstmals abschreckenden Oberfläche. Das Spiel legt viel Wert auf Informationen rund um Voodoo: Dessen Herkunft, dessen Varianten und verschiedenste Elemente des Glaubens, sowie die unterschiedlichsten Praktiken. Da mir hier leider der persönliche Background fehlt, kann ich viele Aussagen nicht belegen oder als fiktiv oder faktisch einstufen. Jene Sachverhalte, die ich recherchiert habe, stimmen aber soweit mit dem aktuellen Wissensstand über Voodoo überein. Man gab sich hier viel Mühe, die Story mit jede Menge Informationen zu füttern, die dem aktuellen Stand der Wissenschaft entsprechen.
Auch der Aufbau der Story ist interessant: Immer wieder erhalten wir einen kleinen Brocken an Wissen, welcher uns auf eine neue Fährte bringt. Der Wissensdurst wird geweckt und man möchte wie Gabriel immer mehr über diesen für uns seltsamen Glauben erfahren. Und dafür bieten uns die Charaktere im Spiel jede Menge Stoff.

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Gameplay: Und täglich grüßt das Murmeltier

Grundsätzlich befinden wir uns in typischer Point&Click-Manier. Wir können Gegenstände betrachten, benutzen und ab und an auch einstecken. Hin und wieder kombinieren wir verschiedene Gegenstände miteinander oder wenden Gegenstände bei Charakteren an. Dies geschieht alles ganz einfach mit der Maus. Schränke oder Bücherregale, aber auch zum Beispiel der erste Tatort, wird in einem extra Fenster vergrößert, um ihn besser unter die Lupe nehmen zu können. Lediglich das Menü selbst ist anfangs ungewohnt. Doch schnell sind auch die Eigenheiten hier geklärt und es lässt sich problemlos damit arbeiten.

Die Geschichte selbst ist in mehrere Tage aufgeteilt – ähnlich einer Einteilung in Kapitel. Dadurch wird die Story natürlich sehr linear. Erst wenn alle nötigen Aufgaben eines Tages erledigt sind, begibt sich Gabriel automatisch ins Bett und der Tag wird für beendet erklärt. Dies bringt einen ab und an zum Verzweifeln: Unsere Sekretärin soll etwas für uns recherchieren und wir müssen bis zum nächsten Tag auf das Ergebnis warten. Eigentlich haben wir alles erledigt, was uns einfällt – aber Gabriel möchte einfach noch nicht schlafen. Dann müssen wir nämlich überlegen: Was haben wir übersehen? Was muss noch getan werden? Denn so lange er sich nicht seinen Alpträumen hingeben möchte, muss noch etwas Wichtiges ausstehen. Aber genau dieses Suchen und Überlegen machen derartige Adventure so interessant.

Wie so oft in der Gamer-Szene beklagt, werden Spiele heutzutage immer einfacher. Lösungen sind überall zu finden und nach jeder gelungenen Aktion gibt es einen Speicherpunkt. Darüber hinaus helfen die Nebencharaktere überall, wo sie können. Lediglich klicken muss man noch selbst.
Lösungen findet man für Gabriel Knight natürlich auch unzählige im Netz – doch das Spiel selbst erscheint mir viel anspruchsvoller als viele andere Genre-Vertreter. Obwohl die Rätsel alle logisch sind, stehen wir immer wieder vor schier unlösbaren Problemen. Nach längerem Try&Error kommen wir aber dennoch auf einen grünen Zweig und verfluchen uns für das Brett, welches sich scheinbar seit etlichen Minuten vor unserem Kopf befunden hatte.

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Grafik: Völlig überarbeitet

Ein Grafikvergleich vom Originalspiel und der 20th Anniversary Version machen deutlich: Hier wurde nichts so belassen, wie es war. Das gesamte Spiel wurde in eine aktuelle und damit detailreichere 3D-Grafik übertragen, die anderen aktuellen Adventures in Nichts nachsteht. Im Gegensatz zu dem häufig im Genre auftretenden Comic-Stil haben wir es bei Gabriel Knight mit einer realistischen Animation zu tun. Story und Charaktere bringen eine Ernsthaftigkeit mit sich, die durch eine Comic-Grafik nur ins Lächerliche gezogen worden wäre.
Oft wird man – bei Neuauflagen von Klassikern – mit der Angst konfrontiert, dass in der Entwicklung lediglich nachgebessert wird – und das Ergebnis bleibt dann entsprechend ernüchternd. Bei Gabriel Knight: Sins of the Fathers wird deutlich, dass eine komplette Überarbeitung stattgefunden hat. Die Schauplätze sind liebevoll und umfangreich gestaltet, und vor allem authentisch.

In Dialogen werden die Gesichter der Protagonisten in Groß dargestellt und der Hintergrund ausgeblendet. Die Animationen sind nicht sonderlich beeindruckend, bringen uns den Gegenüber aber dennoch näher und reduzieren den Abstand, welchen man sonst in Gesprächen mit Charakteren in diesen Adventures gewohnt ist. bei den teilweise sehr text- und inhaltsreichen Gesprächen war dies auch eine wichtige Änderung.

Interessant ist auch das Intro des Spiels. Mein erster Eindruck: „Oh Gott, was tue ich mir hier an!“
Ein Miniatur-Bild in der Mitte eines schwarzen Bildschirmes zeigt in einfachster Animation irgendwelche Fratzen. In blutigem Design werden dann etliche Namen von Personen, welche an der Entwicklung und Produktion beteiligt waren, aufgezählt. Doch meine Skepsis wurde schnell umgewandelt in Respekt. Das Intro wurde dem Original-Spiel entnommen, oder zumindest möglichst nah daran angelehnt. Man ist stolz auf seine Wurzeln und blickt gerne zurück auf den Anfang. Und schon im nächsten Moment ändert sich alles und wir finden uns in einem modernen Point&Click Adventure wieder mit düsterer Atmosphäre und teilweise sogar amüsanten Anmerkungen des Protagonisten.

Gabriel-Knight Original

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Sound: Wer ist diese ätzende Erzählerin?

Das gesamte Spiel wird von atmosphärischer Hintergrundmusik begleitet. Nach den ersten Spielstunden war ich dieser immer noch nicht überdrüssig – was ehrlich gesagt selten vorkommt. Auch die Synchronsprecher im Englischen passen zu den Charakteren. Leider wurde Tim Curry und Michael Dorn von neuen Sprechern ersetzt. Dennoch gibt es trotz der fehlenden Stars nichts zu bemängeln. Besonders interessant fand ich, dass die unglaublich schreckliche Erzählerstimme neu synchronisiert wurde und die Stimmlage der alten Frau erneut perfekt eingefangen wurde. Und mit „unglaublich schrecklich“ möchte ich nicht die Qualität der Synchronisation bemängeln, sondern vielmehr den gekonnten Bruch mit dem Spiel hervorheben. Nur wenn Gabriel etwas ansieht oder versucht, was überhaupt keinen Sinn macht, greift die Erzählerin ein. Und damit erklärt sie uns, wieso wir gerade eine ziemlich dumme Idee hatten. Im ersten Moment erschrak ich vor der Dame – doch letztendlich habe ich sie in mein Herz geschlossen und sie gehört zu meinen ganz persönlichen Höhepunkten im Spiel.

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Gabriel ist zurück!

Da es mich während des Spiels einfach nicht loslassen wollte, musste ich mich genauer über das Original-Spiel informieren. Und es stellte sich heraus, dass sich die Aufgaben und Schauplätze kaum geändert haben. Einige Aufgaben wurden in der Reihenfolge verändert – so muss man beispielsweise erst mit der Polizei sprechen und eine Nacht darüber schlafen, bevor man eine freundliche alte Dame aufsuchen kann. Vermutlich hat die Autorin hier einen tieferen Sinnzusammenhang herzustellen versucht, um die Übersichtlichkeit zu verbessern. Das ist ihr sicherlich auch gelungen. Da der Originaltitel schon lange genug zurück liegt, dürften auch Fans des Originals noch an den Aufgaben zu beißen haben – auch wenn sich diese selbst kaum verändert haben.


Fazit: Kult wunderbar adaptiert

Zugegeben: Ich war anfangs äußerst skeptisch und hatte überhaupt keine rechte Lust auf das Spielen eines Remakes. Meist werden die großartigen Klassiker hier völlig zerstört und jeder letzte Funken an schöner Erinnerung geht den Bach hinunter. Doch Gabriel Knight: Sins of the fathers bricht hier mit diesen Vorurteilen: „Remake“ bedeutet hier ein wirkliches NEUauflegen.  Das Spiel wurde gänzlich überarbeitet. Geblieben sind lediglich die Story und die Charaktere, welche aber auch nicht austauschbar sind. Sowohl für Fans des Originals, als auch für Neueinsteiger in die Serie ist das Spiel eine Kaufempfehlung. Ich persönlich hoffe auf alle Fälle, dass die Serie weiter fortgesetzt wird.

 

Pro

Contra

Wunderbar düstere Atmosphäre

reines „Remake“

Tiefgehende Story und Hintergründe

sehr einfache Animationen

schöne Neuauflage

 

 

Kategorie

Punkte

Begründung

Story

9

Mitreißend, gut recherchiert, interessant

Gameplay

8

Typisch Point&Click mit kleinen Optimierungen

Grafik

7

Sehr schöne Überarbeitung bzw. Neudesign

Sound

8

Angenehme Hintergrundgeräusche/ -musik, gute Synchro

Gesamtbewertung

80 %

 

 

Publisher:

Phoenix Online Studios

Entwickler:

Pinkerton Road

Plattformen:

PC, Mac (bald: Android, iOs)

Release:

16.10.2014

Webseite:

Gabriel Knight

Spielzeit:

ca. 8 Stunden

FSK:

Ab 16

Preis

19,99€ (Steam)

Systemvoraussetzungen (Empfohlen):

Mac:

OS: OSX 10.6 or later

Processor: 2.4 GHz or higher

Memory: 4 GB RAM

Graphics: 1 GB or higher

Hard Drive: 4 GB available space

 

PC:

OS: Windows XP or later

Processor: 2.0 GHz

Memory: 4 GB RAM

Graphics: ATI or NVidia with 1 GB RAM

Hard Drive: 4 GB available space