Im Jahr 2030 hat sich in der englischen Hauptstadt London einiges getan – leider nicht unbedingt nur Gutes. Die Widerstandsgruppe „DedSec“, die es neben Chicago und San Francisco auch nach Europa verschlagen hat, wird Opfer eines Rufmordes und muss sich seither aus dem Untergrund neu formatieren. Genau hier steigt ihr ein: Helft DedSec wieder zurück zu alter Größe und rettet London vor einem hässlichen Schicksal! Ich stelle mir in der Review hingegen die Frage, was der dritte Teil anders oder vielleicht sogar besser macht als die vorangegangenen Teile.

Autor: Alex

Plattform: Xbox Series X

Inhaltsverzeichnis:

Zitate:

„Sie können gestoppt werden, bevor sie anfangen.“

„Der größte Reset der Gesellschaft.“

„[…] wird eure moderne Welt zur Hölle.“

„Die wollen […] DedSec in die Schuhe schieben.“

„Es ist Zeit für einen Neustart.“

„Lasst uns London befreien!“

Handlung: Viele Handlungen führen zum Ziel

In einem London der nicht allzu fernen Zukunft kommt es zu einer fürchterlichen Anschlagsserie. In dieser detonieren an mehreren Standorten in London schwere Bomben. Ein Anschlag kann von einem Agenten der Widerstandsgruppierung DedSec gerade noch so verhindert werden. Doch für die Widerständler kommt es noch viel schlimmer. Den Verantwortlichen des Anschlages gelingt es die Gruppe für die Attentate verantwortlich zu machen. Mit einem Schlag wird DedSec somit als terroristische Organisation eingestuft und verschwindet daraufhin erst einmal in den Untergrund.

Nach einiger Zeit jedoch meldet sich die Gruppierung wieder zurück und sie hat einen Plan, mit dem sie versuchen will, nicht nur ihren Namen wieder reinzuwaschen. Das Hauptziel von DedSec ist es nach wie vor London, seine Bewohner aber auch ganz Großbritannien vor den finsteren Mächten zu beschützen, die sich derzeit in London breit gemacht haben:

Clan Kelly:

Eine Verbrecherorganisation, die sich den Untergrund von London gesichert hat. Sie verfügen nicht nur über ein beachtliches Netzwerk aus Schmugglern und Schutzgelderpressern, sondern sind auch tief im Menschen- und Organhandel verwurzelt. Nebenbei arbeitet die Anführerin des Klans an einem Mikrochip, mit dem sie menschliche Sklaven von der Komponente „Mensch“ befreit und sie zu 100% willigen Dienern macht. Dafür sind natürlich einige Experimente und „Geschäfte“ notwendig. Für DedSec sind Clan Kelly aber auch noch tiefer an der Anschlagsserie verwurzelt, weswegen sie ursprünglich und als erste auf der Beobachtungsliste der Widerstandsgruppierung geraten.

Albion / Nigel Cass:

Die private Sicherheitsfirma hat quasi die polizeiliche Kontrolle der Stadt übernommen. Sie kontrollieren alle Polizeistationen und patrouillieren zudem mit menschlicher und maschineller Präsenz auf den Straßen Londons, um dort jederzeit nach dem Rechten zu sehen. Gemeinsam mit Broca und SIRS, ist Nigel Cass aber auch an weiteren Technologien interessiert, die die Freiheit der Menschen weiter einschränken soll. Sein ultimativer Wunsch ist die Schaffung eines von ihm kontrollierten „Polizeistaats“.

Broca Tech / Skye Larsen:

Eine technologische Überfliegerin kann man Skye Larsen sicherlich nennen. Die junge Unternehmerin ist CEO von Broca Tech und will mit dieser Firma Grenzen des menschlichen und technischen Verstandes überwinden. Die überlegene Intelligenz immer im Blick verliert Skye Larsen aber scheinbar immer mehr die Bodenhaftung und wird somit nicht nur zu einer Bedrohung für sie selbst. Immerhin hat sie vor diesem Abflug noch dazu beigetragen, dass die DedSec-AI Bagley geboren werden konnte. Wie genau sie daran beteiligt war, bleibt aber nach wie vor ein Geheimnis, dass nur von DedSec gelöst werden kann.

SIRS:

Wer eine mit cTOS betriebene Kamera in der Stadt findet, der kann sich auch sicher sein, dass sie über die Server von SIRS läuft. Denn der Geheimdienst hat sich ganz der Überwachung verschrieben. Er ist damit nicht nur ein wichtiger Partner von Albion, sondern wird auch aufgrund eines Whistleblowers zum Feind von DedSec. Kann DedSec gemeinsam mit diesem und einen weiteren Whistleblower empfindliche Details der beiden Unternehmen ans Tageslicht befördern und die Organisationen so angreifbar machen?

Zero Day:

Die Hackerorganisation, die für den Rufmord an DedSec verantwortlich ist. DedSec weiß, dass Zero Day hinter der Anschlagsserie steckt, kann es aber nicht beweisen. Genau das wird zur Hauptaufgabe von DedSec: Herausfinden wer hinter dieser Gruppierung steckt, Beweise sammeln und die Öffentlichkeit informieren. Doch wie jagt man ein Phantom?

Einschätzung zur Handlung:

Ich habe mich absichtlich für eine recht große und offene Gestaltung der Handlung entschlossen. Denn ich wollte vor allem das Hauptaugenmerk auf diese fünf Stränge leiten. Ihr merkt bereits, dass sich hier unglaublich viel an Verzweigung ergibt und das wird mit dem Verlauf der Handlung auch noch wesentlich dichter und umfangreicher. Am Ende ergibt sich daraus nämlich eine zwar sehr verstrickte, aber leider wenig spannende Handlung, die nur selten mit Überraschungen oder Wendungen punkten kann. „Watchdogs Legion“ hat vielleicht das größte Problem mit seiner Vielfältigkeit – ein Satz, den ich so auch nochmal in meiner Schlusswertung verwenden werde.

Warum aber jetzt schon in der Handlung? Das Spiel hat unglaublich viele Handlungsstränge, die es für sich eröffnet: Menschen- und Organhandel; Polizei- und Überwachungsstaat; Künstliche Intelligenz und wie unterscheidet sie sich von der menschlichen, bzw. wie weit darf man gehen, um ein menschliches Leben zu retten? All das wären für sich genommen Handlungsstränge, mit denen man unzählige Stunden an Spielzeit produzieren könnte. Die Verantwortlichen von „Watchdogs Legion“ haben sich aber dazu entschlossen ALL diese Handlungsstränge in ihre Handlung einzubauen. Das ist zwar dahingehend gut, dass es eben nicht nur immer um die Enthüllung von Zero Day geht, sorgt aber auch dafür, dass sich das Spiel für keinen der Stränge wirklich viel Zeit nehmen kann.

Es wird also jedes Thema mal mehr mal weniger umfangreich angerissen. Wirklich zu Ende gedacht und ausgebaut soll aber am Ende keines so richtig sein. Der Bereich rund um Albion/SIRS ist vielleicht noch der am dominanteste Part innerhalb der Handlung und wirkt am Ende auch am „rundesten“. Doch die anderen – teilweise hoch interessant begonnenen Parts werden irgendwann vernachlässigt und mit einem eher unbefriedigenden Abschluss zu Ende erzählt. Hier hat das Spiel unglaublich viel Potenzial und unkonventionelle Ideen verschenkt. Mit dem Stoff hätte man kontroverse Moral- und Diskursansätze liefern und kreieren können, die noch weit über das Ende des Spiels im Kopf und der Community weitergelebt hätten. Es wäre sogar eine mächtige Konkurrenz zu CD Project Reds „Cyberpunk 2077“ möglich gewesen, die ja ansatzweise in ähnliche Richtungen operieren.

Gameplay: Viele neue Gesichter, dennoch wenig Neues

Spielerisch wartet „Watchdogs Legion“ vor allem mit einer ganz gravierenden Besonderheit auf. Ich möchte dieser daher auch gleich den ersten Part in meiner Übersicht zum Gameplay widmen. Darüber hinaus will ich mich hier auch mit der Welt und ihrer Missionen beschäftigen.

Charakter + Rekrutierung:

Als Videospieler kennt man es, dass man sich im Spiel mit maximal einer kleineren Gruppe von festen und mal mehr mal weniger frei gestaltbaren Charakteren aufmacht, um die Handlung und das Gameplay zu erleben. Bei „Watchdogs Legion“ läuft das ein wenig anders, denn für DedSec London ist jeder Bürger auf der Straße der nächste mögliche Hauptdarsteller im Widerstand. Genau aus diesem Grund verzichtet der Titel auf eine klassische Hauptdarstellung. Es ist an uns Spielern vor dem Bildschirm zu entscheiden, wen wir denn auf die Reise schicken und damit auch wie wir unser Spielererlebnis gestalten wollen.

Insgesamt bietet einem das Spiel zahlreiche Charakterprofile an, die man selbst ergründen soll, um sich so das für sich beste Team zusammenzustellen. Damit einhergehend erhält man auch die Freiheiten, ob man die Missionen nun nach der „Hau-Drauf“-Methode oder doch lieber wohl überlegt aus der Distanz mit Hilfe von kleinen technischen Gadgets löst. Relativ schnell wird man das für den eigenen Spieltyp passende Muster an möglichen Charakteren gefunden haben und schon kann man loslegen sich sein eigenes DedSec-Team aufzubauen.

Das Rekrutieren von neuen Agenten ist denkbar einfach: Man entdeckt auf der Straße einen Charakter, der interessant wirkt. Nun geht es daran ihn anzuwerben. Das kann man entweder direkt machen, in dem man die Person einfach anspricht, oder man speichert sich den Rekruten, um das Anheuern später nachzuholen. Startet man den Rekrutierungsvorgang, gilt es in aller Regel eine kleinere Mission zu erfüllen, denn jeder Bürger Londons sucht jemanden von DedSec, um einen Gefallen einzufordern. Schließt man diese Mission erfolgreich ab, ist das Anwerben abgeschlossen und der Agent befindet sich in eurem Team.

Das Ganze kann man beliebig oft machen – der Widerstand kann ja schließlich nie groß genug sein. Um diesem Mechanismus des Rekrutierens und fehlenden Hauptcharakters noch etwas Würze zu verleihen, bietet „Watchdogs Legion“ einen Perma-Death-Modus an, den man unabhängig der üblichen Spielschwierigkeitsmodelle zu- oder abschalten kann. In diesem ist ein Tod eines Charakters dauerhaft – mir persönlich hat dieser Modus sehr geholfen, da für mich andernfalls das Prinzip und somit auch komplette Spiel viel zu repetitiv geworden wäre. Und so oft stirbt ein Charakter tatsächlich auch nicht – oftmals werden diese nur schwerst verletzt oder verhaftet und stehen nach einer gewissen Abklingzeit wieder für euch zur Verfügung. In der letzten Mission werden mindestens zwei Agenten benötigt – das ist aber eher pro Forma noch erwähnt; ich hatte immer ein stabiles Raster aus bis zu neun Agenten – ohne mich wirklich stark auf das Rekrutieren konzentriert zu haben.

Durch diese Vorgehensweise ist es aber auch um einiges schwerer eine Art Verbindung zum Spiel oder zur Handlung aufzubauen. Für mich steht und fällt ein Spiel auch mit seinen Charakteren. Und so liebevoll, vielfältig und herausragend diese hier auch porträtiert werden, habe ich es nicht geschafft eine Verbindung aufzubauen. Da hat auch der Perma-Death-Modus schlussendlich nicht vollends dazu beitragen können. Vielmehr habe ich mich hier nur darüber geärgert, dass ich diesen „Typ“, den der gefallene Charakter verkörpert hat, nicht mehr im Team hatte.

Apropos Typ: Wie ich schon erwähnt habe, gibt es die unterschiedlichsten Charaktere und damit auch die unterschiedlichsten Fähigkeiten. Jeder Charakter kann

  • bis zu drei Fähigkeiten besitzen (passive Wirkung),
  • bis zu zwei Waffen tragen und
  • bis zu zwei Geräte einsetzen.

Die Art und Anzahl der beschriebenen Plätze variiert zum einen vom Charakter selbst, ist aber auch abhängig, was man selbst im Laufe des Spiels schon freigeschaltet hat. Dazu kommen wir aber gleich noch. Manche Charaktere haben durch ihre Fähigkeiten Zugänge zu Sperrgebieten und werden dort nicht so schnell erkannt, andere können auf Abruf ein Fahrzeug rufen (Spione bekommen beispielsweise einen Oldtimer mit eingebautem Raketenwerfer – James Bond lässt grüßen). Meist sind es die Fähigkeiten, die für mich ausschlaggebend waren, ob es ein Charakter ins Team schafft oder nicht. Persönlich habe ich mich auf die Typen „Drohnenexperte“ und „Spion“ konzentriert.

Dass die Technik mitspielen muss, sollte jedem Mitglied von DedSec klar sein, dumm ist es aber, wenn man erst gar keine Technik sein Eigen nennen kann. Genau das ist zu Beginn des Spiels aber tatsächlich der Fall. Denn große Teile der Technik und Upgrades müssen manuell unter Investierung sogenannter Technikpunkte freigeschalten werden. Insgesamt warten 24 Technik- und Upgradekategorien (Geräte, Upgrades, Waffen, Hacks) darauf freigeschaltet, bzw. verbessert zu werden.

Die dafür erforderlichen Technikpunkte erhält man wahlweise durch das Finden in der offenen Spielwelt oder durch das Abschließen von Hauptmissionen. Es werden weit über 800 solcher Technikpunkte benötigt, die man meist mindestens im 10´er-Pack findet.

Die Welt und ihre Missionen:

Das Auffinden von Technikpunkten ist aber nur ein kleiner Part, der sich in der Welt und den Missionen von „Watchdogs Legion“ breit macht. In der komplett offenen Spielwelt gilt es nämlich „Ubisoft-typisch“ einiges zu entdecken. Anders als beispielsweise in den letzten „Assassin´s Creed“-Titeln ist die Weltkarte aber nicht ausufernd groß – logisch: Es gibt ja ein real existierendes Vorbild: London.

Das komplette Spiel findet sich innerhalb der Stadtmauern von Großbritanniens größter und vielleicht auch vielfältigster Stadt. Die Stadt ist in insgesamt acht Stadtteile eingeteilt. Es ist Teil der Aufgabe des Widerstands die Stadtteile auf seine Seite zu ziehen. Daher müssen diese auch mittels „Befreiungsmissionen“ freigeschalten werden. Insgesamt gilt es 22 solcher Aufgaben zu erfüllen, ehe sich alle Stadtteile hinter euch stellen. Jeder Stadtteil stellt bei Befreiung neben dem Fundort aller Technikpunkte auch einen zusätzlichen Agenten bereit (so bekommt ihr allein dadurch schon mal acht Agenten!).

Sind alle Stadtteile befreit kann man sich auch mal an die ein oder andere Mission wagen. Das Spiel unterscheidet grundsätzlich zwischen Haupt- und Nebenmission. Alle Missionen sind in irgendeiner Form an einen fixen Nebencharakter gebunden. Da das Spiel auf einen klassischen Protagonisten oder Protagonistin verzichtet, wird versucht über diese Charaktere – aber auch die Gegenspieler die Spielerbindung zu generieren. „Watchdogs Legion“ überflutet nicht mit seinen um die 60 Missionen, da die Abläufe immer gut strukturiert sind und sich grob an die in meiner Handlungszusammenfassung genannten Storylines orientieren – auch die Nebenmissionen finden sich hier thematisch ein.

Wer jetzt aber keine Lust darauf hat, die Stadt vor irgendwelchen Bedrohungen zu schützen, der kann sich auch sonst herrlich die Zeit vertreiben. Ich habe euch mal ein paar Tipps zusammengefasst, was man sonst noch im London der Zukunft anstellen kann:

  • Koordinierte Schlägerei:
    Über die Stadt sind mehrere Kampfklubs verstreut – anders als im ähnlich klingenden Film, ist deren Existenz aber sehr wohl bekannt und man darf auch über sie sprechen. Schließlich ist London immer auf der Suche nach einem neuen Boxchampion – quasi als Kontrast zur sonst extrem digitalisierten Gesellschaft.

  • Balljonglage:
    England ist ein fußballverrücktes Land, da überrascht es auch nicht, dass in ganz London Fußbälle verteilt sind, die jederzeit zu einer kleinen Runde Jonglage einladen. Per Quicktime-Event gilt es verschiedene Aufgaben zu bewältigen, um selbst etablierte Profifußballer neidisch zu machen! Als Belohnung winken Kleidungsgegenstände und Ingame-Währung.

  • Shoppen und Gestalten:
    Je größer der Geldbeutel, desto länger die Shopping-Tour. London lädt mit seinen zahlreichen Bekleidungsgeschäften immer zur Erweiterung der eigenen Garderobe ein. Die erworbenen Stücke, können wahlweise im Teamversteck angezogen werden, oder von dort online nachgekauft werden. Betritt man nämlich einen Laden einmal, landet dessen Sortiment in eurem Online-Shop.

  • Im Teamversteck abhängen:
    Zugegeben viel machen kann man da nicht, aber man weiß zumindest, dass man unter Gleichgesinnten ist und muss keine Gefahr erwarten. Neben der bereits erwähnten Umgestaltung kann man hier auch noch in einem Foto-Automaten ein schickes Bild schießen oder auf den eigenen Datenspeicher zugreifen (der aber jederzeit auch von unterwegs aus erreicht werden kann). Hier starten alle Nebenmissionen und auch im Laufe der Hauptmissionen ist immer wieder das Besuchen eines Team-Meetings vor Ort erforderlich, so dass man in Regelmäßigkeit ins Versteck muss.

  • Bars & Darts:
    Neben dem Fußball ist sicherlich Darts und Bier die nächste große Leidenschaft eines durchschnittlichen Briten. Genau deswegen bietet auch London diverse Lokalitäten, in denen man das ein oder andere alkoholische Getränk zu sich nehmen kann und sich wahlweise davor oder danach an einer Runde Dart versuchen kann. Wer betrunken ist, verdient sich im Falle eines Sieges übrigens ein wenig mehr Ingame-Währung!

  • Postbote:
    Da es der Post in London scheinbar mächtig an menschlichem und technischem Personal fehlt, warten in ganz London verteilt viele Pakete, die zugestellt werden wollen. Immer mit dabei: Ein Zeitlimit. Manchmal kommen noch Extra-Bedingungen wie Zerbrechlichkeit der Ware hinzu. Je schneller man liefert, desto mehr Geld kann man sich einstreichen.

  • Plakatieren strengstens ERLAUBT:
    Man muss der Londoner Gesellschaft ja schließlich zeigen, dass Dedsec weder ein bösartiger Verein noch verschwunden ist. Genau aus diesem Grund gilt es die Plakatwände in der Stadt für die eigenen Zwecke zu nutzen.

  • Sammeln, Sammeln, Sammeln:
    Wer ganz viel Zeit mitgebracht hat, der kann sich auch an den unzähligen kleinen Sammelobjekten halten. Hier kann man in Form von Text- und Audiodateien ergänzende Informationen zur Spielwelt und seinen Charakteren erfahren, oder man geht auf die Suche nach neuen Masken, die man bei Missionen überziehen kann. Wer lieber noch mehr Taschengeld braucht, der sollte Ausschau nach einem der vielfältigen Geldspeicher halten, die man in London finden kann.

Wer sich jetzt diese beiden Bereiche durchgelesen hat, der wird sich eventuell denken, dass das Spiel extrem abwechslungsreich und dauerhaft motivierend ist. An dieser Stelle muss ich dann leider aber ein wenig einlenken. Denn ja, es gibt zwar unglaublich viel zu sehen und zu erleben in London, aber eine gewisse Monotonie lässt sich dabei nicht vermeiden. Nehmen wir beispielhaft die Missionen. Nach einer gewissen Zeit hat man sich an seinen Charaktertyp gewohnt und wem Experimentierfreude nicht sonderlich liegt, der wird auch hier bei maximal drei Typen aufhören. Folglich laufen dann alle Missionen immer nach dem gleichen Schema ab. Bei mir eskalierte das so weit, dass ich am Ende gar nicht mehr gewusst habe, was ich eigentlich gerade mache: Haupt- oder Nebenmissionen. Es ist immer der gleiche Trott – auch die Missionstypen sind immer ähnlich: Zerstöre Anlage X! Hacke dich in Server Y! Beschaffe Datei Z! Überlebe eine wilde Meute. Eine Varianz innerhalb der Missionen ist nur ganz selten. Weswegen man eben diese Seltenheiten, dann auch unglaublich auskostet (als Spieler – nicht das Spiel).

Es macht sich einfach ein Gefühl von Gewohnheit breit. Mechaniken, die man im ersten Teil der Serie unter Ayden Pearce noch gefeiert hat, sind jetzt einfach lästiger Hacker-Alltag (dazu zählen auch die zahlreichen Hackerfähigkeiten). Kurzer Exkurs: Beide Protagonisten aus den vorangegangenen Teilen, haben mittlerweile per DLC ihren Weg nach London gefunden! Aber jetzt wieder zurück: Hat man seine Technik-Abteilung relativ früh im Spiel voll ausgestattet, spielt man sich in allen folgenden Missionen sprichwörtlich. Ein Drohnenhack hier, eine Infiltrations-Robo-Spinne da… Fertig ist der Auftrag. Hier schafft es „Watchdogs“ für mich streng genommen schon seit dem zweiten Titel nicht mehr für irgendwelche Abwechslung zu sorgen.

Online: Gleiches Spiel, komplett neues Prinzip

Was dem Hauptspiel an Abwechslung fehlt, wird im Online-Bereich des Spiels versucht nachzuholen. Seit März 2021 gibt es coronabedingt verspätet einen Online-Modus, der sich nur aus dem Hauptmenü heraus öffnen lasst. Innerhalb des Online-Modus kehren wir einige Zeit nach den Geschehnissen in „Watchdogs Legion“ zurück nach London. Es gilt nun eine neue DedSec-Zelle zu gründen, und dafür natürlich nicht das eigene Leben riskieren, sondern vor allem neue Leute anwerben. Genau das ist eine der Schlüsselfunktionen des Online-Modus. Der Rekrutierungsvorgang ist dahingehend abgekürzt, dass man die neuen Agenten ausschließlich durch die Investierung von Technikpunkten erhält.

Der Titel bietet eine Art „Story“, in der es aber klar das oberste Ziel ist, die DedSec-Zelle auf- und auszubauen. Dabei steigert man seinen ganz persönlichen Rang quasi nebenbei. Der Titel ist grundsätzlich als Einzelspielererfahrung spielbar, wirklich Sinn macht das aber natürlich nicht. Auch wenn die Einzelmissionen klar in der Überhand sind, empfiehlt es sich auch hier immer Unterstützung bei sich zu haben, andernfalls könnte gerade zum Beginn eure DedSec-Zelle sehr schnell hinter Schloss und Riegel sein.

Neben den kleineren Solomissionen – lassen sich mit Nebenmissionen aus dem Hauptspiel vergleichen – gibt es dann noch größer angelegte Missionen bzw. auch Missions-Ketten (Tactical Ops), bei denen man zwingend bis zu zwei weitere Mitspieler benötigt. Zusätzlich gibt es noch die Spider-Bot-Arena, in der man die kleinen Spinnenroboter gegeneinander hetzt. Hier gab es nur bis zur Fertigstellung der Review immer wieder deutliche Wartezeiten in Sachen Matching! Der Online-Part des Spiels ist komplett unabhängig des Hauptspiels und lädt vor allem nach dem Durchspielen zu einem „anderen Erleben“ der Welt von „Watchdogs Legion“ ein und konnte mich als notorischen „Online-Meider“ doch zu der ein oder anderen Stunde überreden.

Grafik: London´s Calling – Wenn die Stadt zur Hauptrolle wird

Im technischen Segment von „Watchdogs Legion“ beginnt das Spiel für mich zu glänzen. Deswegen möchte ich diesem Bereich und auch dem Sound die entsprechende Aufmerksamkeit zukommen lassen. Im Bereich der Grafik macht sich die Tatsache bemerkbar, dass der Titel keinen klassischen Hauptcharakter hat. So ist man nämlich angewiesen darauf, die Bewohner Londons individuell zu gestalten und auch agieren zu lassen. Es ist daher schon bemerkenswert, wenn man durch einen belebten Piccadilly Circus wandert oder gemütlich über den Hyde Park schlendert, wie viele unterschiedliche Charaktere, Gesichter und Geschichten einem hier begegnen. Auch wenn die Tatsache des individuellen Backgrounds mir bei per Charakterbindung nicht geholfen hat, umso mehr hat diese Individualität im Auftritt zumindest etwas Abhilfe geschaffen. Ich mochte mir vor der Analyse auszumalen, was denn die Person wohl beruflich machen würde, nur um allzu oft überrascht zu werden.

So ganz richtig habe ich mich bisher aber doch noch nicht ausgedrückt, denn es gibt eigentlich schon einen Hauptcharakter in diesem Spiel! Dieser ist zwar nicht direkt spielbar, aber allgegenwärtig: LONDON! Die englische Hauptstadt und Heimat der Könige ist für mich das ausgewiesene Highlight des Titels. Wie schon oben beschrieben ist es einfach herausragend die Schönheit der Stadt zu erkunden. Egal ob in einem Auto, auf einer Frachtdrohne, in einem Schiff, zu Fuß oder im London Eye. Die Wahrzeichen der Stadt sind herausragend detailliert und auch die Kartenauthentizität ist bemerkenswert. Wer schon einmal in London war, wird es lieben die damals besuchten Orte jetzt wieder im Spiel zu suchen. Selten habe ich in einem Spiel den Fotomodus so oft aktiviert wie hier, oder bin einfach nur staunend und kameraschwenkend durch irgendwelche Straßen und Plätze gelaufen.

Doch nicht nur diese großen grafischen Akzente sind bemerkenswert, das Spiel liefert auch während seiner Handlung immer wieder kleinere – gerade in der Storylinie von Skye Larsen sind hier einige sehr interessante Einstellungen und Bilder eingebaut. Für mich ist die Grafik ein Erfolgsgarant dieses Titels, da lasse ich auch mal die ein oder andere kleinere Fehleinstellung getrost bei Seite liegen und erfreue mich am „großen Ganzen“.

Sound: Bloo´y ´ell – Sprache, die begeistert!

Der Soundtrack in „Watchdogs Legion“ hält sich überraschend zurück, viel präsenter sind die Radiostationen, die man während der Steuerung von Fahrzeugen auswählen kann. Bekommt man dann doch ein Stück des offiziellen Soundtracks zu hören, dann gelingt es dem Titel dieses immer sehr platziert und thematisch passend zu gestalten. Wohl auch mit ein Grund, warum ich den Soundtrack genau deswegen so gut finde. Ich mochte die elektronischen Sounds, die sich mit einem meist schnelleren Beat aufbauschten, sehr gerne, vor allem, weil sie immer hervorragend durch die passende Szene getragen haben.

Anders als in der Grafik gehört der Hauptanteil des Sounds aber ganz klar den unterschiedlichen Charakteren. Vor allem, wenn man mit den Spracheinstellungen ein wenig flexibel sein kann, dann empfehle ich die englische Sprachausgabe. Es ist schlicht und ergreifend brillant was die Verantwortlichen hier kreiert haben. Die englischen Sprichwörter, Begrifflichkeiten, Schimpfwörter und auch die unterschiedlichen britischen Akzente von London bis Yorkshire, aber auch über Irland und Schottland sind erfrischend und verleihen dem Spiel ein unglaubliches Plus an Authentizität. Die deutsche Synchronisierung, die ich nur extrem kurz aktiv hatte, kann ich aus diesem Grund nicht bewerten. Mein Tipp: Spielt das Spiel mit englischer Sprachausführung (deutsche Untertitel separat einstellbar). Allein die AI/KI Bagley ist eine Schau!

Fazit: Ein Spiel, dass sich immer wieder selbst im Weg steht

Nachdem ich einer von insgesamt vielen Betroffenen eines Speicherfehlers des Spiels geworden bin, ist das Spiel bei mir lange Zeit auf Halde gelegen. Ich habe mich damit also erst so richtig im April/Mai 2021 beschäftigt – zu diesem Zeitpunkt waren schon viele inhaltliche Verbesserungen vorgenommen worden, auch die erste große Erweiterung sowie der Onlinemodus haben ihren Weg in das Spiel gefunden. Unabhängig dieser Tatsache, hatte „Watchdogs Legion“ aber keinen leichten Stand bei mir und ich habe mich lange Zeit während des Spielens gefragt, warum das so ist.

Liegt es an meiner fehlenden Kreativität immer andere und neue Lösungsansätze für Missionen zu finden? Sollte ich mich vielleicht nicht nur auf zwei Charaktertypen konzentrieren, weil diese meinem Spielstil entsprechen und aus dieser Komfortzone ausbrechen? Sollte ich die mir bereits zur Verfügung stehenden Hilfsmittel nicht nutzen, weil ich weiß, dass da dem natürlichen Verlauf des Spiels vorweggegriffen wird? Es sind vielleicht diese drei Thesen oder Fragen, die ich mir immer wieder gestellt habe.

Am Ende klingt die Antwort aber immer ähnlich: Nein, das gibt mir das Spiel ja nicht vor. „Watchdogs Legion“ deckt für mich bemerkenswert klar und leider offensichtlich einen der größten Makel von offenen Spielwelten auf: Die Freiheit des Spielers kann zur Monotonie werden. Das ist schon bemerkenswert – für das Spiel natürlich extrem unglücklich, aber werfen wir einen Blick auf diese Annahme: Wir bilden unsere Charaktere immer nach unserem Spielstil aus, wir planen Missionen immer so, wie wir sie angehen wollen und wenn wir vom Spiel Hilfen frühzeitig annehmen können, machen das viele von uns auch gerne.

Mein persönliches Handlungshighlight

Bei „Watchdogs Legion“ eskaliert sich das aber in meinem Fall leider zu einem extremen Fall von Spielemonotonie, die durch eine viel zu ambitionierte und vollgepackte Handlung leider auch nicht wirklich übertönt wird, sondern im Zweifelsfall auch noch verstärkt wird. Vor allem durch ein wenig abwechslungsreiches Missions-Design verkommt selbst der interessanteste Handlungsansatz irgendwann zur Nebensächlichkeit, wenn man jetzt den tausendsten Server hacken muss.

Ein Spiel, dass sich vorgenommen hat mit viel kreativer Freiheit (Open World, kein fixer Charakter, vielen Handlungssträngen…) zu punkten scheitert am Ende an der eigenen Kreativlosigkeit und verbannt sich somit selbst in die Mittelklassigkeit.

Wertung

Pro und Contra

ProContra
Kein fixer SpielcharakterKein fixer Spielcharakter
BagleyHeftige Fehler zum Release (Speicherfehler)
Englische SprachfassungZu viele Handlungsansätze
LondonWenig Abwechslung in den Missionen

Score:

KategoriePunkteBegründung
Story6Hätte man sich auf einen oder zwei der insgesamt weit über fünf Handlungsansätze konzentriert, dann hätte das Spiel durchaus einen weiteren Reiz für sich gewonnen. Durch die Vielzahl der Handlungsthemen verlieren sich dieser aber auch gleichermaßen in einer dann nur noch mittelprächtigen, aber inszenatorisch gut aufgemachten, Cyberpunk/Science-Fiction-Handlung.
Gameplay7Den in den Vorgängertitel gelegten Grundstock führt „Watchdogs Legion“ konsequent aber leider wenig kreativ weiter. Weder gibt es wirklich nennenswerte neue Gadgets noch werden die vorhandenen abwechslungsreich in das Spiel integriert. Auch bei den Missionstypen fehlt es an Varianz. Lichtblicke hier waren die Minispiele Balljonglage und Dart.
Online7Der Online-Modus gilt als Standalone-Titel und kann im Grunde auch unabhängig des Hauptspiels gespielt werden. Spoiler sind nicht enthalten (zumindest bis zu dem Punkt, an den ich für diese Review gespielt habe). Durch diesen Aufbau hat der Bereich sowohl für Neueinsteiger wie auch für erfahrene „Legionäre“ seinen Charme und könnte durchaus zum Langzeiterfolg des Spiels beitragen, wenngleich er auch nicht an Genre-Größen wie „GTA-Online“ oder „Red Dead Online“ herankommen wird.
Grafik9Allein wer Fan der Stadt London ist, sollte sich diesen Titel einmal genauer anschauen. Man verliert sich oft in der Schönheit dieser virtuellen Stadt und schlendert völlig losgelöst durch Parks, vor dem Buckingham Palace oder über den Trafalgar Square. Die Inszenierung der Stadt London ist neben der individuellen Charakterdarstellung sicherlich DAS Highlight an diesem Spiel. Auch wenn sich dabei der ein oder andere kleinere Grafikfehler eingeschlichen hat.
Sound9Hier macht der Ton die Musik. Neben einem soliden und stimmigen Soundtrack sowie Soundeffekten, begeistert vor allem die Synchronisierung in diesem Spiel. Im Speziellen die englische Sprachausgabe ist bemerkenswert und herrlich ehrlich! Britisch eben. Von liebenswürdigen Londoner Beleidigungen bis zu charmanten-bissigen Kommentaren der eigenen künstlichen Intelligenz „Bagley“ bietet das Spiel alles. Dringende Empfehlung: Spielt das Spiel mit englischer Sprachausgabe!!!!
Gesamtwertung76%Selten erlebe ich es, dass ich mich nicht über das Spiel an sich ärgere, sondern über die so vielen „Eigentore“, die sich das Spiel geschossen hat. Wären die angesprochenen Punkte nicht, dann wäre der Titel für mich sogar relativ deutlich vor „Cyberpunk 2077“. Doch der Konjunktiv verrät es und ich möchte gerne hier den Satz aus der Handlungszusammenfassung noch einmal bringen: „Watchdogs Legion“ hat vielleicht das größte Problem mit seiner Vielfältigkeit.

Keep on Gaming

Infos:

PublisherUbisoft
EntwicklerUbisoft Toronto
Plattform(en)Xbox One / Series X/S Playstation 4 / 5 PC Windows Google Stadia
GenreAction-Adventure, Open World
Release (Deutschland)PC, PS 4, Xbox One, Stadia: 29. Oktober 2020 Xbox Series X/S: 10. November 2020 Playstation 5: 12. November 2020
Websitehttps://www.ubisoft.com/de-de/game/watch-dogs/legion
Preis lt. Amazon (Standardedition)Xbox One / X/S: ca. 34 € Playstation 4 / 5: ca. 30€ PC Windows: ca. 29 €
Alterseinstufung (USK)18 Jahre
SpielzeitCa. 45 Stunden (Haupt- + Nebenmissionen)
Systemanforderungen (bei Windows-PC) – Empfohlen (Quelle: https://www.pcgames.de/Watch-Dogs-Legion-Spiel-67679/News/das-sind-die-pc-systemvoraussetzungen-1358154/)1080p / High Settings CPU: Intel Core i7-4790 / AMD Ryzen 5 1600 GPU: NVIDIA GeForce GTX 1060 oder AMD Radeon RX 480 VRAM: 6 GB RAM: 8 GB (Dual-channel setup) Storage Space: 45 GB Operating System: Windows 10 (x64)  

Trailer: