Stich in die schwarze See deiner Ängste und Furcht. Kannst du sie überwinden und dich mit ihnen verständigen? Oder wirst du in deinen eigenen Gedanken ertrinken? Es ist nicht einfach aus dem dunklen Strudel von Depressionen und Traumen auszubrechen. Wird es dir gelingen?

Konsole: Nintendo Switch

Autor: Phil-kun

Inhaltsverzeichnis

Gameplay: Ergründe deinen Geist!

Bereits im Juni 2014 begann die Reise auf dem See des Alleinseins für das Berliner Studio Jo-Mei Games. Damals wurde der Prototyp des Spiels Sea of Solitude entwickelt, welches 2016 von EA in das EA Originals-Programm aufgenommen wurde und schließlich 2019 für mehrere Plattformen erschien. Exklusiv für die Nintendo Switch wurde die Director’s Cut-Version in Zusammenarbeit mit dem Publisher und Entwickler Quantic Dream entwickelt und 2021 an den Markt gebracht.

Sea of Solitude ist kein simples Adventure und bietet auch nicht unbedingt nur freundliche Inhalte. Es geht um schwere Traumata und Ängste, wie Selbsthass, Mobbing, Stockholm-Syndrom, Suizid, Scheidungen und Depressionen. Keine einfachen Konzepte, die Jo-Mei Games hier in das Spiel gepackt hat, aber sie konnten es trocken und heil über den See bringen.

Motivation: Lebe!

Flaschenpost 1:

Mama meinte, ich solle ein Tagebuch führen, damit ich mich an alles Wichtige erinnern kann. Ich verstehe es zwar nicht so ganz, warum ich es machen soll, aber na gut. Hallo liebes Tagebuch! Heute…

Flaschenpost 17:

Du bist eine schlechte Tochter, eine schlechte Schwester und eine schlechte Freundin, Was stimmt nicht mit dir, Kay? Was ist nur los mit mir? Ich sollte doch stark sein und hilfsbereit und…aber es…

Flaschenpost 30:

Heute war ein ruhiger Tag. Ich hatte viel Zeit für mich selbst. Ich konnte sogar ein wenig aufräumen auf dem Dachboden. Dort hab ich ein paar alte Tagebücher durchgeblättert. Es war sehr seltsam. Zwar kann ich mich gut an die Momente erinnern, aber die Figuren darin sind einfach schwer wiederzuerkennen. War mein Papa und meine Mama mal wirklich so? Und auch ich? Und auch Sunny? Es ist schwer sich in sie hineinzuversetzen. Insbesondere da jetzt…

Flaschenpost 36:

Ich kann nicht mehr. Ich weiß nicht was los ist…. Ich habe auf nichts mehr Lust… Mein Studium… Mein Stipendium… Jack… Sunny… Mama und Papa… Ich habe einfach auf nichts mehr Lust… Ich bin immer müde… Ich will nur schlafen… Hier gibt es nichts mehr was mich hält…

(Auszüge aus den insgesamt 39 Flaschenpost-Nachrichten, die man im Spiel einsammeln kann inkl. eigene Interpretation)

Kann Kay ihre Ängste überwinden und aus ihrem See der Einsamkeit entkommen und neue Ufer erreichen?

Steuerung: Finde einen sicheren Hafen!

Während das Spiel deinen Spielcharakter Kay durch die Geschichte bewegt in einer linearen Abfolge der einzelnen Ereignisse, ist es deine Aufgabe Kay sicher dorthin zu befördern. In der 3D-Umgebung fließen einige Elemente aus typischen Plattformern hinein, um die Navigation zu ermöglichen. Kay kann sich frei bewegen, entweder mit einem Boot oder auf ihren zwei Beinen. Ist sie zu Fuß unterwegs, dann kannst du neben Gehen auch Springen, etwaige Leitern hochklettern, Schwimmen und schließlich versuchen die Dunkelheit mit etwas Licht und Hoffnung zu bändigen. All diese unterschiedlichen Aktionen sind auf dem Wasser im Boot nicht möglich. Hier hast du nur die Möglichkeit das Boot zu lenken und ggf. eine Lichtkugel zu verschießen, damit du den Weg findest. Wenn du den Monstern begegnest, dann gilt es die einzelnen Kommandos, die das Spiel von dir verlangt auszuführen. Alle Aktionen im Spiel sind sehr intuitiv, daher Bedarf es hier wenig Erklärung. Du musst es selbst erleben, genauso wie Kay!

Inhalt: Tauche in deine Erinnerungen hinab!

Auch wenn das Hauptereignis des Spiels die Meisterung der Handlung ist, so kann man sich auch noch mit ein paar Sammelgegenständen und Errungenschaften die Zeit vertreiben.

Manches im Spiel ist schließlich nicht einfach zu verstehen, da sind Pausen und Aufgaben, in denen man ein wenig darüber nachdenken kann, was man gerade erlebt, gerne gesehen. Insgesamt kannst du 39 Flaschen einsammeln. Diese Flaschenpost beinhaltet Erinnerungen bzw. Tagebucheinträge, so wie oben bereits gezeigt. Darüber hinaus kannst du insgesamt 32 Möwen verscheuchen und in Summe 22 Errungenschaften erreichen, wobei der Großteil davon bereits durch den Abschluss der Handlung selbst erreicht wird.

Präsentation: Melancholisch schön!

Der “Sea of Solitude” von Kay besteht aus jeder Menge dunklem Gewässer und finsteren Wolken. Sie selbst ist eine düstere Gestalt, inmitten ihrer Erinnerungen. Wäre da nicht diese eine verrückte Lichtgestalt gewesen, dann wäre gar kein Licht in ihrer Welt vorhanden. Doch dank dieser Gestalt, hat Kay die Möglichkeit die Dunkelheit zurückzudrängen und ihren See zu lichten.

Neben all der Dunkelheit und des vielen Wassers treiben nicht nur finstere Gedanken in der tiefen See aus Depressionen, Angst und Melancholie umher. Ihre Erinnerung manifestieren sich und steigen aus der See hervor. Melancholisch und nostalgisch blickt Kay ihnen entdecken und entdeckt sie aufs Neue. Diese zerstückelte und verschluckte Welt stellt den Geisteszustand bzw. den Gemütszustand von Kay auf eine wirklich beeindruckende Art und Weise dar.

Neben der faszinierenden Cell-Shading-Optik bietet das Spiel auch einen atmosphärischen Soundtrack sowie eine sehr gelungene deutsche Synchronfassung. Ich weiß zwar nicht wie alles im Original ausgesehen und sich angehört hat, aber der Director’s Cut auf der Nintendo Switch ist wirklich bemerkenswert.

Fazit: Glücklich sein ist nicht einfach!

Auch wenn die Seefahrt nur von kurzer Dauer war – in drei bis fünf Stunden ist das Spiel in der Regel durchgespielt, je nachdem wie gründlich man mit der Flaschenpost ist – haften die Eindrücke dieser noch immer an mir und ich erwische mich hin und wieder wie ich die Szenen und die Dialoge des Spiels referenziere, wenn sich in meinem Kopf ähnliche Gedanken herumtreiben und beginnen eine dunkle Sturmwolke herbeizurufen und sich ein dunkler See bildet. Die Erfahrungen in diesem Spiel helfen dabei die eigenen Ängste, Probleme und seine eigene Furcht besser kennenzulernen und besser mit ihnen Leben zu lernen. Sie sind nicht immer sofort das schlimme dunkle Monster, für das man sie immer hält. Man kann mit ihnen leben und mit ihnen lernen. Und ja, man kann auch gut und gerne mit ihnen glücklich werden, aber der Weg dahin wird nicht einfach sein bzw. ist nicht einfach.

Sea of Solitude: The Director’s Cut zeigt auf, dass das Leben weder schwarz noch weiß ist. Es ist schwer glücklich zu sein und jeder Mensch hat seine eigenen Aufgaben und eigenen Dinge, die er erledigen muss, damit er glücklich wird. Für manche Menschen mögen es nur wenige Aufgaben sein, wo es für andere Menschen mehr eine Last ist. Für sie ist es schwieriger glücklich zu sein als traurig. Es ist einfacher im Unglück und der Depression zu leben, als gegen sie anzukämpfen und die notwendigen Aufgaben zu erledigen, um das Glück wieder zu finden. Wir müssen hier aufeinander achtgeben, Empathie empfinden und unsere Mitmenschen unterstützen. Oder auch nicht, wenn dies uns zu sehr belasten würde; Empathie und Mitgefühl sind nicht immer nur etwas positives und können genauso belastend für den empfindenden Menschen sein, auch wenn diese Sichtweise durchaus schwer nachzuvollziehen ist. (sie wird meiner Interpretation nach teilweise im Spiel beleuchtet)

Wer also gerne mal nachdenklich ist und weiß, wie gut oder vielleicht sogar wichtig für ihn die Selbstreflexion ist, der sollte Sea of Solitude auf jeden Fall einmal ausprobieren, egal ob es die Standardversion ist oder Sea of Solitude: The Director’s Cut.

Viel Spaß beim Zocken!

Wertung

Pro und Contra

ProContra
Tiefgründige HandlungDie Steuerung ist ein wenig starr
Erinnerungen als SammelgegenständeSehr linear
Intuitives Gameplay 

Score

KategoriePunkteBegründung
Motivation8Mit der mitreißenden Handlung motiviert das Spiel den Spieler dazu die Hintergründe der Ängste der Protagonistin kennenzulernen und sich diesen mit ihr zu stellen.
Steuerung6Die etwas kantig und starr wirkende Steuerung spielte mir einige Male nicht in die Karten. Trotzdem steuert sich das Spiel sehr intuitiv, auch wenn man öfter die Eingaben korrigieren muss. Die Spielleistung ist gut, aber führt auch manchmal zu kleinen Rucklern.
Inhalt9Die Reise durch den Geist der Protagonistin ist sehr spannend und bietet viele Momente für die Selbstreflexion, ein wirklich gelungenes Adventure.
Präsentation7Auch wenn diese Version von Sea of Solitude einzig für die Nintendo Switch entwickelt wurde, ist sie nicht immer grafisch gut. Die Animationen und die Darstellung der Welt und Charaktere ist gut, aber es fehlten mir an ein paar Ecken und Enden Details. Der Soundtrack ist auch gut, aber nichts Besonderes. Die deutsche Synchronfassung hingegen ist genial.
Gesamt75 %Sea of Solitude: The Director’s Cut ist eine schwer verdauliche Reise in die dunklen Gemüter eines Menschen. Depressionen sind nicht einfach, doch mit Spielen wie diesem können Spieler lernen sie zu verstehen und bei anderen Menschen zu erkennen. Empfehlenswert für jeden Spieler der sich für diese Themen interessiert.

Infos

PublisherQuantic Dream
Entwickler Jo-Mei Games
PlattformNintendo Switch
GenresAdventure
Release04. März 2021
Websitehttps://www.ea.com/de-de/games/sea-of-solitude/about
Preis19,99 €
AltersfreigabeUSK ab 12 Jahren
Spielzeit3 bis 5 Stunden

Trailer zu Sea of Solitude: The Director’s Cut