Francis Vendetti ist sich sicher, dass er in Sachen eigener Bestimmung in eine Richtung gedrängt wird, die ihm gar nicht zusagt. Er will ausbrechen aus diesem Korsett der Verpflichtungen und dank der Hilfe von Aliens soll ihm das auch gelingen. Diese lassen ihn aber nicht nur ausbrechen, sondern führen ihn direkt auf eine Reise zu sich selbst – eine extrem verrückte und abgedrehte Reise! Kommt ein Stück mit!
Konsole: Xbox Series X
Autor: Alex
Inhaltsverzeichnis
Gameplay: Weit mehr als nur „Knöpfchendrücken“
Auf den ersten Blick ist „The Artful Escape“ ein Rhythmusspiel und diese schrecken mich meist eher ab. Zu monoton, immer dasselbe machen, keine Abwechslung im Gameplay und/oder in der Handlung…. Es sind diese Genreklischees, die mich eigentlich auch vor diesem Titel abgeschreckt haben – und nüchtern betrachtet: Sie kommen auch in „The Artful Escape“ vor… Doch in den nächsten Abschnitten und Bereichen möchte ich euch erklären, warum mich der Titel dennoch schlichtweg umgehauen hat.
Motivation: Shreddend durch die Galaxis
Werfe ich einen bloßen Blick auf das Gameplay in diesem Spiel und müsste daraus die Motivation ziehen, dann würde ich wohl nicht sonderlich lange am Ball bleiben. Doch es gibt diese „The Artful Escape“-Momente und genau für diese habe ich das Spiel sehr schnell in mein Herz geschlossen. Das beginnt bereits recht früh im Bild. Nach einem sehr trägen und beinahe von Selbstmitleid zerfressenen Start, wird man das erste Mal auf einem Hügel seine Gitarre shredden und genau diese Musik, die hier erzeugt wird, soll einen durch das restliche Spiel begleiten. Denn wann immer man es für richtig empfindet, kann man auf Knopfdruck ein ordentliches Riff abreißen und seine Umwelt in mit dem Klang der eigenen Klampfe begeistern.
Herrlich verrückt – aber noch lange nicht so verrückt wie der Rest des Spiels und genau hier findet man dann den zweiten Motivator. Denn die Ereignisse in „The Artful Escape“ überschlagen sich sehr schnell und noch viel schneller wird einem klar, dass hier irgendetwas sehr Verrücktes passieren wird. Folglich wird man nur noch von „verrückter“ zu „noch verrückter“ springen und genau diese Sprünge, diese Reise, bilden gemeinsam mit dem shreddenden Francis in der Hauptrolle die Grundmotivation für dieses Spiel – hört sich verrückt an?? Ja, ich weiß!
Steuerung: Fünf Tasten für ein Rockfest!
Bei der Steuerung kommen dann diese Untugenden eines Rhythmusspiels durch. Denn wenn man sieben Aktionen beherrscht, dann kann einem in diesem Spiel schon nicht mehr wirklich etwas zustoßen. Neben dem Laufen wären das die insgesamt fünf Rhythmus-Knöpfe (X, Y, B, LB, RB) in der vorgegebenen Reihenfolge zu drücken, wenn es darauf ankommt.
Über diese Mechanik eröffnet sich Francis nicht nur neue Wege, sondern bestreitet auch alle Auseinandersetzungen. Dabei kommt es aber gar nicht einmal auf die perfekte Technik an, denn Fehlversuche oder der gleichen werden weder gezählt, noch haben sie eine Auswirkung auf den weiteren Spielverlauf. Es steht eindeutig der Spielspaß und die Freude an der Musik und der Handlung im Vordergrund. Das heißt, selbst der größte Rhythmus-Klaus sollte hier irgendwann am Ziel ankommen!
Eine Tatsache, die ich persönlich hier sehr zu schätzen gelernt habe. Wenngleich ich nur selten ein Fan von Schwierigkeitsmodi wie „Story“ oder „sehr einfach“ bin. Zu „The Artful Escape“ passt das irgendwie, denn das Spiel bzw. das Gameplay will sich hier nicht in den Mittelpunkt rücken, dieser gehört anderen Elementen und zu denen komme ich in den nächsten beiden Abschnitten!
Inhalt: Von der Folk-Hoffnung zum intergalaktischen Rockstar!
Ihr findet diese Überschrift hört sich verrückt an? Dann solltet ihr vielleicht die nächsten Zeilen lesen, denn unter uns: Das ist die offizielle Zusammenfassung dieser etwas mehr als vierstündigen Spieleerfahrung. Und selbst wenn man das Spoiler nennen könnte, es ist keiner, denn der Weg ist das Ziel! Und über genau diesen Weg werde ich hier tunlichst wenig berichten, diese Erfahrung sollt ihr selbst machen.
Einen kleinen Abriss, von dem was euch erwartet, sollt ihr aber natürlich dennoch erhalten: Wie weiter oben schon angedeutet gilt Francis Vendetti als die große musikalische Folk-Hoffnung. Das kommt nicht von ungefähr, galt doch sein Onkel Johnson als einer der besten Folk-Musiker aller Zeiten. Nun steht das erste Solo-Konzert von Francis an und just in diesem Moment treffen ihn Selbstzweifel: Ist das wirklich die Art von Musik, die Art von Leben, die er den Rest seines Lebens verfolgen will? Ist er denn nicht vielleicht zu etwas anderem bestimmt? Kann seine Musik nicht vielleicht so viel mehr als nur Folk?
Mitten in diese Gedankengänge tritt eine ihm bisher unbekannte junge Frau, die ihm Mut zuspricht. Später am Abend begegnet Francis in einer schlaflosen Nacht dann einem Alien – ja einem Alien. Es scheint ihn zu suchen und ehe sich Francis versieht, findet er sich auf einem Raumschiff wieder und soll gemeinsam mit einem anderen Musiker eine große intergalaktische Tour bestreiten, um sich an dessen Ende dem größten und reinsten musikalischem Wesen aller Galaxien zu stellen, um den ultimativen Musiker der Galaxis zu küren. Für Francis geht das klar, aber er muss vor dem Konzert wieder zu Hause sein!
Immer noch verrückt? Ja, ich hab´s versucht – aber anders kann man diese Handlung einfach nicht beschreiben…
Präsentation: Intergalaktisch und fantastisch
Gleich in den ersten Bildern kann man bereits erahnen, was hier in diesem Spiel auf einen zukommt. Die optische Inszenierung der Anfangssequenz ist bereits hochkarätig und wird dann in der Folge nicht nur einmal getoppt. „The Artful Escape“ begeistert mit einer unfassbar fantasievollen und fantastisch inszenierten Welt. Die Darstellung des Weltraums, des Raumschiffs und der einzelnen Planeten inklusive seiner Bewohner ist außergewöhnlich und wunderschön zur gleichen Zeit. Auch eher ungewohnt: Ein Charakter-Editor, der gegen Ende des zweiten Drittels eingereiht wurde und nicht wie meist üblich direkt zu Beginn des Spiels. Habt ihr euch in den unterschiedlichen Bereichen ausgetobt wird die dort erstellte Figur fortan im KOMPLETTEN restlichen Spiel verwendet, egal ob tatsächliches Gameplay oder Zwischensequenz. Großes Kino.
Ebenfalls großes Kino sind die „Auseinandersetzungen“, die Francis im Laufe seiner intergalaktischen Reise haben wird. Die Musikduelle zwischen ihm und verschiedensten außerirdischen Lebensformen sind bemerkenswert inszeniert und lassen einen vollkommen mitfiebern. Und obwohl die Fehler bei den Rhythmuseinlagen keine direkte Auswirkung haben, ärgert man sich doch ein wenig über sich selbst, weil man den Rhythmus aus dem Konzept gebracht hat.
Apropos Rhythmus: Ein Rhythmusspiel ohne Musik tut sich meist recht schwer, daher überrascht es nicht, dass in dem ca. vierstündigem Spiel ein Viertel aus Musik besteht. Die musikalische Auswahl an Songs und Kompositionen sind dabei so extravagant wie ausgezeichnet. Von kosmischen Klängen bis hin zu ganz feinen Folk-Nummern findet sich so gut wie alles was eine Gitarre unterstützen kann in diesem Spiel. Und auch gerade jetzt, als diese Review entsteht trällert der Soundtrack nebenher und liefert die Bilder des Erlebten sofort wieder ins Gedächtnis!
Fazit: Eine Reise, die man erlebt haben muss!
Ich habe während der gesamten Review überlegt, ob ich auch wirklich genug zu allen Bereichen geschrieben habe. Hätte man nicht noch mehr erwähnen können? Hätte ich euch diese Welt und das Spiel „The Artful Escape“ noch irgendwie näherbringen können? Hätte man irgendwie erklären können, warum ich das Spiel in einem Rutsch gespielt habe?
Ja, das hätte ich wohl… Sehr sicher sogar, aber dann müsste ich mir auch ankreiden lassen, dass ich euch wohl eines der verrücktesten und bewegendsten Spieleerlebnisse der letzten Jahre geraubt hätte. „The Artful Escape“ ist kein Spiel, das man erklären sollte. Es ist ein Spiel, das man erleben muss.
Schnappt euch den Controller, investiert die paar Euro und taucht ein in die Welt von Francis Vendetti! Rockt mit ihm durch die Galaxis, begleitet ihn auf seiner Reise zu sich selbst und wer weiß: Vielleicht könnt ihr ja auch einen kleinen Teil von euch in ihm entdecken.
Ich hatte am Ende des Spiels ein ganz leichtes klingeln auf den Ohren und die ein oder andere Träne in den Augen… Hört also auf mich, wenn ich euch sage…… Dreht die Musik ein wenig leiser (vor allem, wenn ihr mit Headsets spielt)! 😉
Keep on Gaming!
Wertung
Pro und Contra
Pro | Contra |
Die Welt | Typische „Genrekrankheiten“ eines Rhythmusgames |
Die Galaxis | Zu kurz |
Die Musik | Zu laut (es könnte zu Beschwerden kommen 😉) |
Score
Kategorie | Punkte | Begründung |
Motivation | 8 | Durch seine sehr lineare Grundstruktur läuft man nie Gefahr etwas zu übersehen. Wer sich von dem doch manchmal eher repetitivem Gameplay demotivieren lässt, sollte sich mehr auf die Welt und ihre Geschichte konzentrieren. |
Steuerung | 7 | Im Prinzip wird hier das Genre der Rhythmusspiele nicht neu erfunden. Doch durch das Minimalistische im Gameplay fällt es noch leichter sich auf die Umgebungen und die Geschichte zu konzentrieren. Die Tatsache, dass Fehler keine Auswirkungen haben, passt herrlich zum Spielprinzip und stört in keinem Moment. |
Inhalt | 9 | In seinen ungefähr vier Stunden Laufzeit, erzählt das Spiel eine Geschichte, die man auch ganz locker in der dreifachen Zeit erzählen hätte können. Unglaublich kompakt und dennoch jederzeit nachvollziehbar und verständlich – auch mit moralischem Ansatz. |
Präsentation | 10++ | Das absolute Herzstück in diesem Spiel: Die 10-Punke-Wertung ist hier noch viel zu niedrig. Auch Tage nach dem Spiel könnte ich mich immer noch zu sämtlichen Superlativen hinreißen lassen. Nur so viel: „The Artful Escape“ ist für mich jetzt DAS Präsentationshighlight im Indie-Segment 2022! |
Gesamt | 85++% | Der Selbstfindungsaspekt ist der vielleicht zentralste in der Geschichte von „The Artful Escape“ und verschwindet dann und wann fast unter dem schieren Effekt-Bombast, den der Titel so mit sich bringt. Ich habe das Spiel in einer Sitzung durchgespielt und trotz Kopfhörer wohl große Teile meines Hauses unterhalten. Schnappt euch den Controller und geht auf diese Reise, ihr werdet nicht enttäuscht sein! |
Infos
Publisher | Annapurna Interactive |
Entwickler | Beethoven & Dinosaur |
Plattform | PC (Windows) Xbox One / Series Playstation 4 / 5 Nintendo Switch |
Genres | Plattform, Rhythmus, Musik |
Release | PC, Xbox (beide): 09. September 2021 Playstation (beide), Switch: 25. Januar 2022 |
Website | https://theartfulescape.com/ |
Preis | Ca. 17 € (PC lt. Steam) Ca. 20 € (Konsolen) |
Altersfreigabe | 6 Jahre (USK) |
Spielzeit | Ca. 4 Stunden |