Habt ihr schon einmal eine Mischung aus „Forza Horizon“, „Need for Speed“ und „Gran Turismo“ euer Eigen nennen wollen? Ja? Ok, dann schaut euch auf jeden Fall mal diesen Artikel an. Ich habe mich mit „Dirt 5“ beschäftigt und wurde während des Spiels immer wieder an diese (oder vergleichbare) Renn-Serien erinnert. Warum das so ist und warum ich mit einem Aspekt bis zum Ende kämpfen musste, will ich euch hier gerne erklären.
Konsole: Playstation 5
Autor: Alex
Inhaltsverzeichnis
Gameplay: Einzelspieler haben Vorfahrt
Wer jetzt innerhalb von „Dirt 5“ eine klug inszenierte Geschichte mit spannenden Wendungen oder auch nur einen halbwegs attraktiven Online-Modus erwartet, der wird in beiden Fällen enttäuscht zurückbleiben. Denn beides sind nicht die Ansprüche, die die Verantwortlichen von Codemasters hier verfolgen. Während wir auf das Thema „Story“ etwas später beim „Inhalt“ noch zu sprechen kommen, möchte ich die Online-Thematik hier noch ansprechen.
„Dirt 5“ ist in allererster Linie eine Einzelspielererfahrung. Sein Hauptaugenmerk liegt auf zwei große Offline-Modi, das ist ein so überraschender wie schöner Zug – aus der Sicht eines Einzelspieler-Fans. Sicherlich hat das Spiel zwar einen integrierten Online-Modus, dieser beschränkt sich aber auf absolute Standart-Events und hat es daher nicht nennenswerter in diesen Test geschafft.
In Zeiten, in denen wir ja auch über die Übernahme von Codemasters durch Electronic Arts sprechen kann man jetzt natürlich die berechtigte Frage in den Raum werfen, wie nahe die Briten noch an dieser „Einzelspielerbindung“ festhalten können. Im Namen aller Einzelspielerfans hoffe ich hier stellvertretend mit der entsprechenden Durchsetzungskraft auf Seiten von Codemaster. Wenngleich ich einen ausgereifteren Online-Modus alleine wegen der Abwechslung in diesem Spiel dann doch begrüßt hätte, aber dazu kommen wir jetzt der Reihe nach.
Motivation: Eine Lawine von Rennen rollt…
„Dirt 5“ entpuppt sich relativ schnell als eines dieser Rennspiele, dass einem außer das stupide Abfahren von irgendwelchen Rennevents nicht sonderlich mehr bietet. Weder innerhalb der Events noch außerhalb. Dieses einbahnstraßenmäßige Abspulen irgendwelcher Events wird auf die Dauer tatsächlich ermüdend und selbst als der größte Einzelspielerfan und prinzipieller Unterstützer solcher Spielanlagen, erreicht man irgendwann den Punkt des routinemäßigen Erledigens von Aufgaben.



Die einzige vom Spiel gelieferte Abwechslung sind die Rennevents an sich, aber auch diese sind mit ihren eingeschränkten Typen (weniger als fünf für den Großteil des Hauptspiels) sehr schnell an ihren Grenzen angelangt. Anders wird es da, wenn wir die Inhalte der bisher erschienen vier Erweiterungspakete mit einbeziehe, denn dann kommt durchaus so etwas wie Abwechslung auf, wenn man dann etwas ausgefallenere Events vorgesetzt bekommt. So gilt es dann beispielsweise bestimmte Hindernisse zu zerstören, wofür man Punkte erhält. Oder auch einfach ein schlichtes Zeitfahren mit leichten Hürden. All das sind dann Elemente, die „Dirt 5“ von jetzt auf gleich auflockern und somit auch die Spielmotivation wieder deutlich steigern.
Wer also jedes Rennen (vor allem des Hauptspiels) beenden will, der braucht tatsächlich gutes Durchhaltevermögen und darf sich nicht von monoton wirkenden Events abschrecken lassen.
Steuerung: … und muss mit teils eigenwilliger Steuerung bewältigt werden!
„Dirt 5“ lebt einen ganz besonderen Steuerungsstil, den ich jetzt einfach mal als „arcadige Simulation“ bezeichnen würde. Die Fahrzeuge steuern sich überraschend individuell und phasenweise auch sehr anspruchsvoll. Doch das ist gut so, denn andernfalls würde das Spiel schnell noch mehr an seiner ohnehin schon geringen Motivation (im Hauptspiel) verlieren. Das Kurvenverhalten ist vor allem durch die oftmals nicht asphaltierten Untergründe in Kombination mit Marken, die eigentlich auf (Renn-)Asphalt zu Hause sind, nicht immer einfach. Hier kommt dann aber der Simulationsaspekt ins Spiel. Wer hier bereits leichte Erfahrung hat durch Titel wie „Gran Turismo“, „Forza“ & Co. gemacht hat, der wird sich hier auch schnell an die Steuerung gewöhnen.
Für eher arcadegeprägte Rennfahrer wird das alles dann schon noch einmal eine deutliche Stufe anspruchsvoller, denn hier muss man sich tatsächlich mehr auf Bremspunkte, Einlenkphasen und vor allem die richtige Geschwindigkeitskontrolle achten, um nicht heillos unterlegen zu sein. Wie bei Genrevertretern zwar üblich, werden Spieler auch bei „Dirt 5“ mit recht umfangreichen Fahrhilfen unterstützt, doch selbst diese zwingen einen sich zumindest in einem bestimmten Umfang mit der Fahrzeugsteuerung auseinanderzusetzen.

Bei der Playstation-5-Version lohnt es sich an dieser Stelle auch noch über die Einbindung der Features des Controllers zu sprechen, denn diese sind beinahe ein eigenes Argument für dieses Spiel. Man spürt durch die neue Vibrationstechnologie beinahe jeden Stein unter den Reifen und auch das Gegendrücken bei Gas und Bremse ist bemerkenswert. So bemerkenswert ist das alles, dass es beinahe schon wieder negativ auffällt. Denn alle gerade beschriebenen Effekte wirken ein wenig überproportional eingesetzt. Nach jedem Rennen kribbelt es einige Sekunden in den Händen ob der starken Vibration und nach wenigen Rennen stellen sich leichte Verkrampfungen an den Fingern ein, die das Pech haben die Schultertasten für Gas und Bremse zu betätigen. Hier wäre tatsächlich etwas weniger mehr gewesen, aber natürlich sprechen wir immer noch von einem deutlichem Plus an Immersion im Vergleich zu Genrevertretern.
Inhalt: Rennen, Rennen, Rennen, Rennen, Rennen, Rennen
Angedeutet habe ich es ja bereits schon, „Dirt 5“ ist seit einiger Zeit um etliche Erweiterungen aufgerüstet worden. Damit wurde das Hauptspiel um ca. 80 zusätzliche Rennen erweitert, wodurch die Anzahl an spielbaren Events die 200-Marke knackt. In allen Renn-Events der Einzelspielererfahrung werden euch neben dem Hauptziel als Erster ins Ziel zu kommen noch drei optionale Aufgaben unterbreitet.
Diese stellen dann passive Leistungen in den Vordergrund wie z.B.
- Eine bestimmte Zeit eine Position halten
- Innerhalb einer Runde auf eine bestimmte Position fahren
- Tempoziele erreichen aber auch
- Rückwärts durchs Ziel fahren oder
- Durch einen Sprung ins Ziel zu kommen
Mit den abgeschlossenen Aufgaben könnt ihr euer Ankennen bei einem der zahlreichen Sponsoren steigern. Mithilfe von zufriedenen Sponsoren steigert ihr nicht nur das Einkommen bei Rennen, sondern könnt auch weitere Zusatzaufgaben (ähnlich wie die aufgelisteten) erfüllen. Ein Sponsor in Stufe 15 hat seine maximale Unterstützung erreicht. Es liegt dann an euch, ob ihr Treue zeigt, oder euch einen besser bezahlenden sucht. Manche Sponsoren schalten mit dem Erreichen einer bestimmten Stufe dann auch besondere Lackierungen für eure Fahrzeuge frei.
Wenn wir über Fahrzeuge sprechen, dann über jederzeit real existierende Marken, die lediglich an den Optikstil des Spiels angepasst wurden. Insgesamt könnt ihr euch in über 70 Fahrzeugen an zehn verschiedenen Orten in über 80 Rennstreckenvariationen beweisen. Innerhalb der Einzelspielererfahrung seid ihr meist aber auf wenige Fahrzeuge in der Auswahl beschränkt. Käufer-Tipp: Mit Gesamteinnahmen von ca. 6,3 Millionen der Spielwährung solltet ihr euch den nahezu vollständigen Fuhrpark leisten können. ACHTUNG: Einige Autos sind an die Erweiterungen gebunden und können erst nach deren Kauf im Shop von euch erstanden werden.

Neben diesen Hauptkarriereevents gibt es auch noch sogenannte „Throwdowns“, hier versucht dann „Dirt 5“ so etwas ähnliches wie eine Handlung einzubauen, die einen Konkurrenzkampf in einem fiktivem Fahrerlager von Offroad-Rennfahrern suggerieren will. So recht will aber weder diese formelhafte und arg passiv vorgetragene Handlung wie auch der erwähnte Modus nicht zünden. Hier stellt man sich dann meist in 1v1-Veranstaltungen – verfolgt aber ähnliche Ziele wie bei jedem anderen Karriereevent auch. Wer sich dem Versuch einer Handlung dennoch ein wenig intensiver widmen will, der sollte im Bereich des Hauptspiels mal einen Blick auf die Podcast-Folgen werfen, dort wird die Handlung quasi stattfinden. Die Erweiterungen leben dann komplett ohne solche Handlungsfetzen – vermissen wird sie ohnehin keiner.
Wer jetzt aber definitiv keine Lust hat sich innerhalb der Karriere durch die verschiedenen Rennen zu mühen, der wird schnell vor einem zentralen Problem stehen, denn was macht man dann? Während der Bereich „Arcade“ zunächst bei einem arcadigen Simulationsspiel verlockend klingen mag: Hinter ihm verbergen sich nur frei erstellbare (Zeit-)Rennveranstaltungen. Der Online-Modus ist ähnlich aufgebaut und unterteilt sich nach der Auswahl, ob man in einer öffentlichen oder privaten Lobby agieren möchte nur durch die Auswahl „Rennveranstaltung“ und „Partyspiele“.
Die einzige wirkliche (gelungene) Abwechslung zum Karrierealltag liefern die „Playgrounds“. Was sich zunächst wie ein schnöder Level-Editor anschickt, kann eine kunterbunte Schatzkiste verschiedenster Herausforderungen werden. Denn hier könnt ihr nicht nur Rennstrecken ganz nach euren Wünschen erstellen (übrigens überraschend kleinteilig!!!), sondern euch auch in den Kreationen von anderen Spielern messen. Hier kann man durchaus die ein oder andere Stunde verbringen, ohne dass man groß in Langeweile gerät.
Präsentation: Weniger Realität, mehr Effektbombast
Die optische Inszenierung von „Dirt 5“ ist sicherlich eine der spannenderen Geschichten an diesem Spiel, denn wenn ich ehrlich sein darf, war die Optik zunächst gewöhnungsbedürftig. Sie war nämlich anders als bei den meisten Rennspielen nicht allzu sehr auf Realtitätsbezug ausgerichtet. Alles wirkte etwas weichgezeichnet und beinahe minimal „shellshadig“ aufgebaut. Dieser Eindruck will sich bei mir auch jetzt nach dem Test immer noch nicht so ganz verabschieden, doch man arrangiert sich schnell mit der Optik, denn spätestens auf der Strecke offenbart das Spiel, dann warum, der Rest etwas „fernab der Realität“ ist. Kein Rennen vergeht, ohne dass man eine derart spektakuläre Pyro- und Feuerwerkshow auf der Strecke inszeniert, dass sogar Rammstein interessiert aufblicken dürfte.
Was hier fernab der Strecke passiert (vor allem in Nachtrennen) ist schon bemerkenswert und liefert ein unglaubliches Atmosphäreplus. Insgesamt gelingt es in den zehn verschiedenen Orten viel durch die Inszenierung herauszuholen. Die verschiedenen Länder und Regionen werden wunderbar in Szene gesetzt und regional typische Bauwerke oder Highlights klug und niemals übermäßig eingesetzt. Alleine wegen der Optik erkundet man jede Rennstrecke am Ende dann gerne – auch wenn das Gameplay drumherum irgendwann doch ein wenig eintönig wird.

Ganz und gar nicht eintönig geht es hingegen bei den Lackierungen der Fahrzeuge zu. Während bereits manche Standardlackierungen ausgefallener ausfallen können, sind dann die freischaltbaren Lackierungen oftmals jenseits von Gut und Böse. Wem das jetzt wahlweise zu viel oder immer noch nicht schrill genug ist, der kann sich dann auch einfach selbst eine Lackierung seiner Wahl erstellen.
Ähnlich abwechslungsreich wie bei den Lackierungen geht es auch beim Soundtrack zu. Die Rennmusiken sind energetisch und laden förmlich zum schnellen Fahren ein. Diese werden auch niemals langweilig bzw. wird man ihnen auch nie überdrüssig. Sie fügen sich wunderbar in das etwas arg bunte Settinggemisch an Lackierungen und Umgebungen ein und runden das eher alternativ wirkende Design dieses Racers so gelungen wie eigenwillig ab.
Fazit: Viel Rennen, wenig Inhalt
Wenn ich böse bin, dann beschreibe ich „Dirt 5“ als spaßigen Zeitvertreib ohne große Motivation. Vor allem für Einzelspielerfans ist der fünfte Ableger der Codemaster-Serie natürlich einen Blick wert, denn Online-Inhalte spielen hier eindeutig eine untergeordnete Rolle. Das heißt aber nicht, dass der Rest des Spiels pures Gold ist – im Gegenteil. Der Versuch eine Art Handlung in die Karriere des Hauptspiels zu integrieren hat so gut funktioniert, dass man etwas ähnliches bei den aktuell vier erschienenen Erweiterungen gar nicht erst nochmal versucht hat.
Was vor allem dem Hauptspiel jedoch fehlt ist weniger eine wirklich gelungene Story, sondern vielmehr inhaltliche Abwechslung. Wie das besser gehen würde, zeigen die in kleinere Bereiche unterteilten Erweiterungen mit jeweils nur ca. 20 Rennen pro Erweiterung. Dafür aber mit wesentlich verschiedenen Event-Typen. Hätte man beim Hautspiel auch auf eine eher kleinere Gruppierung geachtet, und noch den ein oder anderen Event-Typ hinzugefügt, hätten wir an dieser Stelle keine Diskussion über eine fehlende Motivation. Denn die Rennen per se machen allesamt jederzeit Spaß und sind dank ansprechender bis anspruchsvoller aber auch gut anpassbarer Steuerung immer unterhaltsam – nicht zuletzt wegen der wirklich gekonnten wie gewöhnungsbedürftigen optischen Inszenierung.
Spaßiger Zeitvertreib ja und auch noch ein (zumindest ab den Erweiterungen) jederzeit guter!
Keep on Gaming
Wertung
Pro und Contra
Pro | Contra |
Wenig Onlinebezug (als Einzelspielerfan) | Controller-Effekte etwas heftig (PS5) |
SEHR viele Rennveranstaltungen | Optik zunächst etwas gewöhnungsbedürftig |
Bereits vier Erweiterungen erhältlich | Abwechslung/Motivation fehlt dann und wann |
Score
Kategorie | Punkte | Begründung |
Motivation | 4 | Gerade mit Blick auf das Hauptspiel gibt es doch immer wieder deutliche Durchhänger in Sachen Motivation. Durch die später hinzugefügten Erweiterungen wird das dann aber sukzessive besser. |
Steuerung | 7 | Der Mix aus Arcade- und Simulationsaspekten bei der Fahrzeugsteuerung ist spannend wie unterhaltsam. Neben zahlreicher Fahrhilfen bleibt trotzdem noch ein gewisses „sich auseinandersetzen müssen“, damit man wirklich jedes Rennen für sich entscheiden kann. Bei der Erstellung eigener Rennstrecken innerhalb der „Playgrounds“ ist manchmal sehr kleinteiliges Arbeiten nötig – das fällt mit der Controllersteuerung dann doch etwas fummelig aus. |
Inhalt | 7 | Wenn einem ein Spiel über 200 Events, dazu noch einen hochgradig detaillierten Streckeneditor liefert, findet man nicht viele Anhaltspunkte für Beschwerden. Doch gerade beim Hauptspiel mangelt es dann doch recht schnell an der Abwechslung in den dort über 100 integrierten Rennveranstaltungen. In den Erweiterungen sieht man dann, wie es auch anders funktioniert hätte. Online-Spieler werden bei diesem Spiel dafür größtenteils ins Auspuffrohr starren. |
Präsentation | 9 | Keine Liebe auf den ersten Blick, aber die etwas weichgezeichnete und vor allem sehr farbenfrohe optische Inszenierung fügt sich blendend mit den überproportional eingesetzten Streckeneffekten und dem jederzeit anspornenden Soundtrack zusammen. Eine Kombination, die ich gegen Ende des Tests nicht mehr missen wollte. |
Gesamt | 78 % | „Dirt 5“ setzt die Entwicklung der Spieleserie gekonnt, wenn auch manchmal etwas eintönig, fort. Wo es im Hauptspiel noch an Abwechslung gefehlt hat, machen die vier Erweiterungen hier einiges wett und formen den letzten eigenständigen Codemasters-Titel zu einem vor allem optischem Feuerwerk, der inhaltlich immer zumindest solide Rennunterhaltung liefert! |
Infos
Publisher | Codemasters Chestire |
Entwickler | Codemasters |
Plattform | PC (Windows) Playstation 4 + 5 Xbox One + Series Google Stadia |
Genres | Rennspiel |
Release | Alle Plattformen (außer Stadia): November 2020 Google Stadia: 24. März 2021 |
Website | https://www.codemasters.com/game/dirt-5/ |
Altersfreigabe | USK 6 Jahre |
Spielzeit | Ca. 33 Stunden (alle Trophäen) |