Eine Computersimulation zur Erprobung militärischer Strategien. Die größten Psychopathen und Rassisten der Menschheitsgeschichte. Dämonen und okkulte Religionen. Und darunter eine Jazzsängerin mit einem heroinabhängigen Bruder. Das alles erwartet uns in den „Demi Monde“. Wir haben uns den ersten Teil der Reihe zu Gemüte geführt und wollen euch sagen, was wir von diesem Steampunk-Fantasy-Thriller halten.

 

Buchrezension von Mario Zollitsch

Die Mission von Rod Rees

Fehler 404 – not found

demi monde original coverEigentlich beginne ich an dieser Stelle mit dem Autor des rezensierten Buches. Allerdings sind die Informationen über Rod Rees eher spärlich. Wir wissen auf alle Fälle, dass er der Autor der „Demi Monde“ – Saga ist, deren erster Teil Demi Monde. Welt außer Kontrolle: Die Mission am 21.01.2013 beim Goldmannverlag erschienen ist. Im englischen Original sind die Bücher etwas simpler betitelt – nämlich nach Jahreszeiten, was eine vierteilige Serie nahelegt. So heißt dort der erste Teil The Demi-Monde 01 Winter.

Doch zurück zu Rod Rees: Selbst große Suchmaschinen spucken nur wenige nützliche Informationen für den Mann aus. Daher richte ich mich gänzlich nach den Angaben des Goldmann – Verlages via randomhouse.de.

Rees reiste viel um die Welt und hat an diversen Orten an verschiedenen Bauwerken mitgewirkt. Beispielsweise in Dhaka, wo er eine pharmazeutische Fabrik aufbaute. In Moskau war er an einem Satelliten-Kommunikationsnetz beteiligt und in Großbritannien designte er ein Hotel. Naheliegend ist hier der Beruf eines Architekten, Statikers oder Ingenieurs. Doch konkretes konnte ich leider nicht ausfindig machen. Mittlerweile hat er sich aber gänzlich dem Schreiben verschrieben und führt übt keinen weiteren Job aus.
Auch privat bleibt Rees eher ein unbeschriebenes Blatt. Nur so viel: Er lebt mit seiner Frau Nelli und den beiden gemeinsamen Kindern in England, in der Nähe von Derby.

Doch der Autor ist nicht das wichtigste – viel mehr interessiert uns das Buch selbst.

 

Steampunk meets Fantasy meets Thriller meets History

Eine sehr seltsame Mischung. Und vor allem: Wie passt das zusammen? Steampunk ist derzeit wieder ein langsam in Mode kommendes Genre. Fantasy und Thriller – Elemente sind hierbei ebenfalls keine Seltenheit. Doch was hat Geschichte damit zu tun? Und vor allem: Wie sollen diese vier Punkte in eine ansatzweise sinnvolle Geschichte verwoben werden? Rob Rees gibt hierzu in Demi Monde eine Antwort.

Die Demi-Monde sind eine Computersimulation, welche von der US-Army entwickelt wurde, um ihre Soldaten zu schulen. In erster Linie sollen realistische Kriegsszenarien mit Partisanenkämpfern erprobt werden. Daher wurde die virtuelle Welt mit möglichst viel Konfliktpotential ausgestattet. Von sich bekämpfenden Religionsgemeinschaften, über Männerhass bis hin zu Rassismus auf seiner krassesten Stufe findet sich in der Demi-Monde alles, was wir aus unserer realen Vergangenheit kennen – zum Teil nochmals einen Tick überspitzt und exzessiv praktiziert (falls das bei manchen Themen überhaupt möglich ist).

In dieser Welt leben sogenannte Dupes. Diese sind Nachahmungen echter Menschen. Darunter finden wir unter anderem die größten Fanatiker der Menschheitsgeschichte. Zum Beispiel Reinhard Heydrich, ein SS Offizier, der unter anderem die „Endlösung“ im dritten Reich mitgeplant hatte. In der Computersimulation werden er und auch andere erschreckende „Größen“ der Geschichte wieder zum Leben erweckt und führen dort ihr Werk fort.

Die Persönlichkeiten sind sowohl vom Namen, als auch von ihren Fertigkeiten, Persönlichkeiten und psychopathischen Abartigkeiten von ihren historischen Vorbildern kopiert. Doch Religionen, Ansichten, Ideologien und Institutionen erhalten in den Demi-Monde neue Begriffe und Definitionen. Dies wird allein am 10-Seiten Glossar am Ende des Buches deutlich, welches alle Begriffe erklärt.

In diese grausame Simulation wird nun eine 18 jährige, dunkelhäutige Jazz-Sängerin geschleust. Völlig unverhofft erhält sie das Angebot und soll die Tochter des Präsidenten der Vereinigten Staaten aus dieser Welt befreien – sie wurde dort nämlich gefangen genommen. Ein Problem der Simulation besteht nämlich darin, dass ein Tod innerhalb der Simulation zu einem Tod in der realen Welt führt. Doch die Gefahr, die durch die Demi-Monde droht ist viel größer, als es die Protagonisten anfangs erahnen: Sie droht sich auf die reale Welt auszubreiten…

 

Skepsis wird zu Begeisterung

Zu Anfang war ich sehr verwirrt. Es werden dem Leser Begriffe um die Ohren geworfen, die zwar irgendwie bekannt klingen, doch nicht exakt das gleiche auszusagen scheinen. Ebenso irritieren Begriffe wie „SS“ und „Dämonin“ in einem Satz. Kurz darauf finden wir uns bei einem Vorstellungsgespräch einer Jazz-Sängerin bei der US-Army wieder. Der Sprung kommt völlig unerwartet und die Verwirrung wächst. Hätte ich nicht auf einem Fahrrad im Fitnessstudio gesessen und noch etliche Kilometer vor mir gehabt, hätte ich mir vorerst sicherlich eine andere Beschäftigung gesucht. Das Mashup erschien mir einfach viel zu groß und abstrus.

Doch schon bald formte sich eine interessante Geschichte heraus. Die Charaktere der Geschichte beginnen, Interesse zu wecken. Die Welt der Demi-Monde wird interessant. Die Neugier, was wohl geschehen wird, wächst ins unermessliche. Je weiter man beim Lesen des Buches voranschreitet, desto spannender wird die Geschichte. Und man möchte nicht mehr aufhören zu lesen. Die Verwirrung und Irritation weicht einer Neugier, einem Verständnis, neuen Überlegungen und natürlich großem Interesse.

Auch die Entwicklung der Protagonistin, welche völlig ahnungslos in diese fremde Welt geworfen wird… zumindest BEWUSST ahnungslos, da ein Computerchip ihr zu allem auf den Demi-Monde ein ausführliches Wissen vermittelt… wird fesselnd. Ebenso entwickeln sich für die Nebencharaktere unerwartete Handlungsstränge, die man nicht mehr loslassen möchte. Schon bald hat man sich als Leser in der neuen Welt zu Recht gefunden und kennt deren Gepflogenheiten, deren Wertansichten und deren Konflikte. Und natürlich wollen wir wissen, wie es dort weitergeht.

Doch hier ist auch bereits das nächste Manko: Da es sich um eine Serie handelt, endet das Buch ziemlich unbefriedigend und lässt uns neugierig und voller Wissensgier zurück. Sowohl die Geschichte, als auch die Entwicklung der handelnden Personen lässt viele offene Fragen stehen. Der zweite Teil ist also fast Pflicht.

 

Fazit                                     sehr gut

Ich hätte nach den ersten Seiten nicht gedacht, dass ich das Buch überhaupt zu Ende bringen würde. Die Mischung aus allen möglichen Neologismen, Neuerfindungen von bekannten Religionen und Ideologien, Dämonen, Politik, Geschichte und Science Fiction war mir einfach zu viel. Und der Einstieg ist einfach zu irritierend. Doch schon bald löst sich der Knoten auf und enorm interessante Handlungsstränge offenbaren sich. So sehr ich am Anfang an dem Buch gezweifelt habe, so sehr war ich enttäuscht, als es zu Ende war und ich wusste, dass ich noch längere Zeit auf den nächsten Teil zu warten habe.

 

Info
Originaltitel The Demi-Monde 01 Winter
Autor Rod Rees
Release (D) 21.01.2013
Genre Steampunk-Thriller
Verlag Goldmann
Übersetzer Jean-Paul Ziller
Seiten 608
ISBN 978-3-442-47567
Preis 12,99 €