„Das Land der Dichter und Denker verwandelt sich flächendeckend in das Land der Dancer und Dosenbiertrinker“. Mit diesem stilistisch wohlüberlegten Meistersatz (*Ironie-Schild Hoch halten*) Oliver Uschmann sein Buch „Überleben auf Partys“ ein. Wir haben seine Reise durch die deutsche Feierlandschaft verfolgt und waren nicht sonderlich begeistert – trotz dem einen oder anderen Schmunzler.
Buch-Rezension von Mario Zollitsch
Vielversprechend
Wenn unter dem Verlag „Heyne Hardcore“ ein Buch erscheint, kann man meiner Meinung nach ohne große Bedenken zugreifen. Vorausgesetzt man steht auf harte Wortwahl, derbe Geschichten und unkonventionelle Lyrik. Zumindest dachte ich, dass ich hier nichts falsch machen kann.
Der Titel „Überleben auf Partys“ klingt erst einmal vielversprechend: Wie im Klappentext erwähnt, sind es nicht nur die Jugendlichen, die ihre Exzesse beim Alkoholkonsum betreiben. Ebenso die älteren Generationen. Vielleicht versteckt sich hinter dem Titel ja eine ironisch-witzige Kritik an unserer Gesellschaft. Oder den Medien. Oder der Feierkult wird beleuchtet und bestehende Problematiken aufgezeigt. Oder eine vollkommen überspitzte, irrwitzige Erzählung rund um das Feiern sorgt für Unterhaltung. Leider nichts davon. Oliver Uschmann und Sylvia Witt, die als Co-Autorin beteiligt war, erfüllen keine dieser Erwartungen. Und überraschen auch sonst nicht positiv.
Stark angefangen, stärker nachgelassen
Der Prolog von Überleben auf Partys hat mich zum Schmunzeln gebracht: Hier führen die beiden Autoren eine fiktive Diskussion, ob das Buch nun fertig sei oder nicht. Ob man es einreichen könne oder nicht. Doch da der Verlag schon im Nacken sitzt, muss man es unvollendet in den Druck geben. Im Nachhinein betrachtet bin ich ganz froh darüber, dass nicht noch mehr Geschichten und Ausflüchte erdacht worden sind.
Doch um was geht es nun eigentlich genau? Als Thema für ein Kapitel wird eine Art von Feier, Ausflug oder Grund für Alkoholkonsum gewählt. Hierfür werden fiktive Figuren in eine meist sehr klischeebehaftete Rahmenhandlung geworfen und oberflächliche Dialoge mit anderen flachen Charakteren geführt. Dabei ergeben sich nur allzu vorhersehbare Situationen. Ob nun der Seitensprung beim Kegelausflug oder der in Streit ausufernde Mädelsabend – Klischee pur eben.
Zwischendrin werden mit eindeutig fiktiven „wissenschaftlichen Belegen“ mit vermutlich witzig gedachten Namen die Umstände nochmals mit gehobener Sprache durchleuchtet. Inhaltlich ändert sich aber an den beschriebenen Tatsachen nichts.
Vielleicht teile ich einfach nicht den Humor der Autoren, doch ich habe mich auf fast 400 Seiten gelangweilt. Völlig unverständlich waren mir auch die Zusammenfassungen nach jedem „Feieranlass“: Auf die Figuren bezogene Erwartungen, Ziele und letztendlich geschehene Ergebnisse fassen in wenigen Sätzen zusammen, was wir uns vorher mühsam auf einigen Seiten einflößen mussten. Und dann folgt eine X aus 5 Sternen – Wertung in Kategorien wie „Erotik“ und „Drama“. Alleine dieser Punkt stieß bei mir auf Ablehnung. Ich habe mehr erwartet. Selbst von einem Buch, welches jeglicher Ernsthaftigkeit absagt, erwarte ich etwas mehr Mühe. Ich war auf 18. Geburtstagen, die pures Drama waren, die nichts weiter als ein gewaltsames Betrinken darstellten, die lediglich dem Geschlechtsverkehr dienten – oder teilweise auch mehrere Punkte davon erfüllten. Stern-Bewertungen sind hier überflüssig. Nutzlos. Sinnfrei.
Aus den Fingern gesogen
Auch die Charaktere konnten in ihren kurzen Auftritten nicht überzeugen. Für jedes Thema werden neue Protagonisten gewählt, deren Lebensgeschichte kurz überflogen wird. Warum ist der Protagonist an Ort und Stelle, wieso läuft sein Leben schief, welche Dame möchte er heute flach legen. Dabei werden oberflächlich Gedanken und Emotionen angeschnitten, die aber sogleich wieder abgebrochen werden. Schließlich soll die langweilige Geschichte nicht zu viel Zeit in Anspruch nehmen. Platz für Tiefgang ist nicht. Und so finden wir in jedem kurzen Kapitel ein paar installierte Stereotype, die ihresgleichen bei RTL am Vormittag suchen. Auch das ist ermüdend.
Fazit: okay
Ich mag Bücher und bin für vieles zu begeistern. Wenn ich mich zwingen muss, abends zu einem Buch zu greifen, weil ich schon vornweg weiß, dass es mich langweilen wird, ist schrecklich. Die Geschichten sind einfallslos, bedienen sich allerhand von Klischees und versuchen in Pseudo-Bewertungen die einzelnen Ereignisse einzustufen. Wenn jemand einfallslose Beschreibungen von Trinkgelagen oder Feiermöglichkeiten lesen möchte, findet bei „Überleben auf Partys“ sicherlich nette Anreize und äußerst seichte Unterhaltung. Ansonsten würde ich sagen: Finger weg. Das Geld ist in jedes Buch der Heyne Hardcore – Reihe besser angelegt. Das war leider die erste Enttäuschung für mich, die aus diesem Verlag kam.
Titel: | Überleben auf Partys – Expeditionen ins Feierland |
Autor |
Oliver Uschmann Sylvia Witt |
Verlag | Heyne Hardcore |
Seiten | 400 |
ISBN | 978-3-453-26875-3 |
Preis | 12,99 € |
Web | @randomhouse.de |