Regionale Kriminalromane überfluten derzeit die Buchläden und die „Bestsellerlisten“ diverser Buchgroßhändler. Auch die eigene Kleinstadt Landshut bleibt natürlich nicht von mehr oder weniger durchdachten Krimi- Geschichten verschont. Christian v. Ditfurth führt uns mit seinem Kriminalroman „Das Dornröschen- Projekt“ allerdings in die Großstadt Berlin. Was die linke Szene, Dornröschen und Berlin mit Mord und Ermittlung zu tun haben, möchte ich euch in folgender Rezension zeigen.
Buchrezension von Mario
Über den Autor: Geschichtswissen als Background
Christian v. Ditfurth schrieb in erster Linie historische Sachbücher. Als Historiker liegt dieses Genre natürlich nahe, allerdings grenzt dies die Leserschaft extrem ein. Doch bereits 2010 hat der 1953 geborene und derzeit als freier Autor in Berlin lebende Geschichtswissenschaftler mit seinem Thriller „Das Moskau Spiel“ sein Spielfeld erweitert. Seine Kriminalromane um den Historiker Josef Maria Stachelmann wurden sogar in den USA, Frankreich, Spanien und Israel veröffentlicht, was dem Autor auch auf internationaler Bühne zu Anerkennung verhalf. Mit „Das Dornröschen- Projekt“ verlässt er nun sowohl inhaltlich als auch von den Protagonisten her das Metier der Historie und geht mit diesem Kriminalroman und einem weiteren, „Tod in Kreuzberg“, neue Wege.
Inhalt: Die tote Szene und eine DVD
Berlin heute: Eine multikulturelle Großstadt mit viel Geschichte. Früher war sie neben Hamburg die Hochburg der linken Szene. Hausbesetzungen, Demonstrationen, gewalttätige Auseinandersetzungen mit Polizei und rechten Gruppierungen. Diese Zeiten sind längst vorbei, die damaligen Aktivisten leben aber großteils noch immer in der deutschen Hauptstadt.
So auch der Protagonist Matti. Früher ein angesehener und gefürchteter Führer der linken Szene, zwischenzeitlich Lehramtsstudent mit dem Hauptfach Germanistik und heute Taxifahrer. Zusammen mit seinen zwei „Genossen“- dem großen, zwielichtigen Twiggy und der immer müden aber geistig aufgeweckten Dornröschen- lebt er in einer WG in Berlin.
Auch seine Exfreundin Lily lebt noch in Berlin, allerdings hat sie sich gänzlich der Szene abgewandt und wurde zur angesehenen Anwältin. Zufälligerweise steigt sie bei Matti ins Taxi und die Wege der beiden kreuzen sich nach langer Zeit wieder.
Die wirkliche Geschichte beginnt allerdings erst, als ein Gast eine DVD in Mattis Taxi vergisst, welche dieser sich unter den Nagel reißt und deren Inhalt die WG vor diverse Rätsel stellt. Beim Versuch, das Geheimnis zu lüften, lassen zwei Freunde der WG das Leben. Die WG gerät immer tiefer in politische Machenschaften und steigt dabei mächtigen Männern auf die Füße, was nicht ohne Reaktion von diesen bleibt.
Die Szene wird wieder aktiv, muss dafür bluten und auch Lily spielt scheinbar eine andere Rolle, als Matti anfangs dachte. Die WG deckt mehr auf, als sie anfangs zu vermuten wagten und legen sich ungewollt mit Mächten an, denen sie nicht gewachsen sind….
Sprache: Berlin in Wort und Schrift
Nein, die Sprache ist nicht von dem Berliner Ickisch. Ditfurth beherrscht die hochdeutsche Sprache einwandfrei. Und mit dieser schafft er es, den Leser an seine Protagonisten emotional zu binden und sich in deren Gefühlswelt versetzen zu lassen. Obwohl ich nur einige Male persönlich in der Hauptstadt war, gelingt es Ditfurth durch ausführliche Schilderungen und Beschreibungen die Stadt vor das innere Auge zu führen und die Großstadt plastisch werden zu lassen. Indem man als Leser immer an den Protagonisten Matti gebunden ist, gelangt man tief in seine Gedanken und Gefühlswelt. Anerkennung für den verlorenen, aber niemals aufgegebenen Kampf der Alt- Linken gegen das System in ihrer Mikroökologie, sorgt für eine noch intensivere Auseinandersetzung mit den Problemen der WG-Bewohner („Licht aus um Strom zu sparen- gegen das Stromimperium!“).
Fazit: Das Gute an der gescheiterten Revolution
Überzeugt haben mich vor allem die Charaktere und wie sie gezeichnet sind. Sie stellen glaubwürdig dar, wie ich mir überzeugte Revoluzzer nach dem gescheiterten Versuch des Umsturzes vorstelle. Politisch aktiv, aber gescheitert, innerlich dennoch von ihrer Idee überzeugt und ihr treu bleibend. Ebenso wird aber deutlich, wie sich Menschen verändern können. Die Geschichte, in welche die WG schlittert, ist teils selbst verschuldet, teils von der Bösartigkeit des Vater Staates gebilligt. Und dabei wird die Handlung, die deutlich weniger abgeklatscht ist als es sich im ersten Moment anhört, immer wieder von überraschenden Wendungen vorangetrieben. Sicherlich kein Muss- aber für spannende Abendunterhaltung mit einer Prise politischen Background gut geeignet.
Info
Titel |
Das Dornröschen Projekt |
Autor |
Christian v. Ditfurth |
Verlag |
btb |
Ersterscheinung |
12.08.2013 |
Preis |
TB 9,99€, E-Reader |
Seiten |
352 |
ISBN |
978-3-442-74621-7 |