Seuchen sind kein amüsantes Thema. Zumindest wenn man sich aktuell den Ebola- Virus ansieht und das Leid, welches dadurch verursacht wird. Doch kann es so schwer sein, einem Virus, den man bereits kennt, Einhalt zu gebieten? Diese Frage- oder zumindest eine ähnliche- stellt man sich bei „Plague Inc: Evolved“. Ich habe mir die Computer- Neuauflage des Smartphone- Spiels einmal genauer angesehen und versucht, mit meinem eigenen Virus die Menschheit auszurotten.

     Plague Inc Evolved Icon


Mac-Review von Mario



Story: Ich gegen die Menschheit

Bei Plague Inc: Evolved übernimmt man die Kontrolle über einen Virus, ein Bakterium oder andere ungesunde Miniorganismen, die im alltäglichen Leben eher weit unten auf der Beliebtheitsskala stehen. Damit knüpft das Computerspiel exakt an die Smartphone- Version an, zu der sich eigentlich nichts geändert hat: Wir infizieren ein Land mit einem Virus. Nun muss sich dieser möglichst schnell verbreiten. Im Laufe der Zeit sammeln wir DNS- Punkte, die wir in verschiedene Entwicklungen investieren können. Beispielsweise Resistenzen gegen Arzneien, verschiedene Übertragungswege, wie zum Beispiel via Vögel oder Blut und natürlich Symptome, welche die Menschen, die den Virus in sich tragen, schwächen, schädigen oder sogar töten.
Das Ziel ist denkbar einfach: Die Menschheit soll aussterben.

Plague Inc Screenshot Infofenster WeltDas klingt vorerst nicht allzu freundlich. Doch es steckt mehr als bloßer Menschenhass hinter dem Spiel: Die Menschheit versucht selbstverständlich, den Virus zu bekämpfen und arbeitet- sobald sie den Virus entdeckt hat- an einem Heilmittel. Und in der Not wird der Mensch plötzlich unglaublich produktiv und die Länder entwickeln eine sonst nur spartanisch ausgebildete Teamfähigkeit.

Auch die Verbreitung des Virus klingt anfangs viel leichter, als es letztendlich im Spiel wirklich ist: Verschiedene Besiedlungsdichten, Reichtum der Länder, Klimazonen und Hygienestandards beeinflussen unter anderem die Verbreitung. Auch können neue Techniken in Schiffen und Flugzeugen die Verbreitung enorm beeinträchtigen. Geschlossene Landesgrenzen sind ebenfalls kontraproduktiv für unser bösartiges Ziel….

Interessant ist hierbei, dass die Länder auf unsere Entwicklung reagieren. Je nachdem, wie gefährlich die entwickelte Krankheit eingestuft wird, erfolgen verschiedene Maßnahmen der einzelnen Länder, aber auch global. Als Beispiel lässt sich hier die Schließung der Flughäfen, das Töten aller Vögel oder die Isolation aller Erkrankten anführen.


Gameplay: Klicken statt tatschen

Wie bereits erwähnt, handelte es sich bei Plague Inc ursprünglich um ein Smartphone-Spiel. Entsprechend war die Steuerung auf das Drücken des Touchpads beschränkt. Die Computer-Version wurde im Großen und Ganzen vom Vorgänger übernommen. Schließlich wurde letztendlich nur die Plattform gewechselt, das Spiel selbst hat sich inhaltlich kaum verändert (dazu später mehr). Daher ist es naheliegend, die Steuerungselemente des Smartphones einfach zu übernehmen- und dies geschieht mit der Maus und dem Linksklick.

Der Mauszeiger simuliert den „Finger“, der Linksklick die Berührung. Und mehr benötigen wir auch nicht: Die Spieloberfläche ist sehr einfach und übersichtlich gestaltet, so dass man sich sogleich zurecht findet. Abgesehen von den Ländern auf der Weltkarte, die wir mit Anklicken genauer unter die Lupe nehmen und wertvolle Infos erhalten können, finden sich nur wenige Steuerungselemente auf dem Bildschirm wieder.

Die zwei wohl wichtigsten Schaltflächen sind zum Einen das Weltmenü, über welches wir in Erfahrung bringen können, wie viele Menschen bereits infiziert wurden, wie viele gestorben sind und wie viele noch völlig gesund ihr Leben fristen, zum Anderen das DNS- Menü unserer Krankheit. Und hier finden letztendlich die Strategie, die Taktik und die Entscheidung über Erfolg und Scheitern unseres bösartigen Planes statt. Der Aufbau erinnert hier an Skillbäume, die man aus Rollenspielen kennt: Drei Kategorien werden uns angeboten: Übertragung, Symptome und Fähigkeiten. Innerhalb dieser Kategorien finden sich zu Beginn wenige Grundfertigkeiten, die wir mit DNS- Punkten freischalten können. Das Freischalten gibt uns direkt weitere Fähigkeiten, die wir ebenfalls mit DNS Punkten kaufen können. Bevor unsere Krankheit also eine ordentliche Lungenentzündung oder gar ein totales Organversagen auslösen kann, müssen Symptome wie Husten, Niesen oder innere Blutungen erkauft werden.

Diese doch sehr wichtigen DNS- Punkte erhalten wir auf verschiedene Arten. Eine Möglichkeit ist es, abzuwarten, bis unser Virus genügend Menschen infiziert hat. Für eine bestimmte Menge an Infizierten werden automatisch DNS-Punkte auf unser Konto gutgeschrieben. Wenn neue Länder infiziert werden und auch bei diversen anderen Aktionen oder Geschehnissen erscheinen sogenannte „DNS-Blasen“ über dem entsprechenden Land. Wenn wir diese anklicken, erhalten wir die Punkte. Sind wir zu langsam oder übersehen diese, haben wir die Punkte einfach verschenkt.

Die Steuerung mit Maus oder Touchpad funktioniert reibungslos- auch wenn einige Shortcuts mehr sicherlich nicht fehl am Platz gewesen wären. Aber im Gesamten ist die Steuerung simpel und eingängig, wobei die einfache und deutliche Menü- Struktur innerhalb einer Partie, aber auch in den Menüs, den Einstieg noch zusätzlich ungemein erleichtert.


Grafik: Smartphone unter der Lupe

Grafisch ernüchtert Plague Inc: Evolved leider. Der Spielbildschirm- die große Weltkarte, auf der wir uns meist aufhalten- wirkt eins zu eins von der Smartphone-Version übernommen. Undefinierte Strukturen, die Wasser und Land deutlich voneinander trennen, Mini- Flugzeuge und Mini- Schiffe, die scheinbar aus einer Plastik- Massenherstellung stammen und auch sonst findet sich auf der Hauptkarte kein Element, welches beeindrucken könnte. Vor allem, wenn man an einzelne Länder heranzoomt, wird schnell klar, dass sich die Karte als 2D- Brei herausstellt, der es an Details, Abwechslung und Plastik mangelt.
Plague Inc Screenshot Infofenster LänderSchon etwas besser wirken die Länderinformationen und die Weltinformation. Ndemic Creations sucht noch immer nach Fotos von verschiedenen Städten und Ländern von den Spielern, um diese in das Spiel zu integrieren. Wir haben also reale Eindrücke der Länder vor uns- zumindest meistens. Die Info- Seiten sind übersichtlich aufgebaut und die Grafiken sind zwar simpel, allerdings auf einen kurzen Blick aussagekräftig. Im Info- Text finden sich weitere interessante Fakten zu den einzelnen Ländern- auch wenn diese außer der Eckdaten wie heiß, arm, stark bevölkert kaum von Bedeutung für unsere Strategie im Spiel sind. Leider ist hier- ähnlich wie manche Pop- Up- Texte während des Spiels- nicht alles durchgängig übersetzt. Daher stoßen wir auch in der deutschen Version immer wieder auf englische Textpassagen. Auf der offiziellen Webseite sucht Ndeimc Creations auch hier nach freiwilligen Übersetzern. Dieser Umstand kann allerdings verziehen werden, da bei Steam das Spiel noch immer als „Early Access“ angeboten wird. Es besteht also Aussicht auf ein Ausmerzen der restlichen englischen Überbleibsel.

Positiv hervorzuheben ist dagegen das Design und der Aufbau der DNS-Bäume. Sowohl übersichtlich als auch optisch ansprechend sind die möglichen Entwicklungen der Krankheitserreger gestaltet. Einfache, aber aussagekräftige Symbole erleichtern das Zurechtfinden nach etwas Spielerfahrung noch mehr. Und wenn diese Erfahrung fehlt oder sich plötzlich gänzlich neue Möglichkeiten ergeben- beispielsweise bei einem neuen Krankheitserreger- geben kurze Texte die nötigen Infos und möglichen Auswirkungen der Entwicklung. Ebenso werden am unteren Bildschirmrand Ansteckungsgefahr oder auch Sterblichkeitsrate des Krankheitserregers angezeigt und mögliche Weiterentwicklungen optisch mit in die Balkendiagramme einbezogen.

 

Sound: Danke, iTunes!

Ohne großartig etwas schön reden zu wollen: Der Sound wurde nach nicht einmal einer Spielstunde von mir durch meine eigene Musik im Hintergrund bewusst überdeckt. Die Hintergrundmusik- falls sie diesen Namen überhaupt verdient- ist eintönig und langweilig. Sie versucht auf eine verzweifelte Art und Weise die dramatischen Inhalte des Spielziels zu untermalen, trifft dabei allerdings nur einen monotonen Ton. Schnell geht einem dieser „Sound“ auf die Nerven und der Musikplayer des eigenen Gerätes wird idealerweise zu Hilfe gezogen.
Den Ton gänzlich ausstellen ist nicht zu empfehlen: Auftauchende DNS- Blasen, welche beim Berühren DNS- Punkte geben, und auch Heilmittel- Blasen werden durch einen eindringlichen Ton zusätzlich dargestellt. Natürlich können diese Blasen auch optisch sehr einfach wahrgenommen werden, aber ein zusätzlicher akustischer Hinweis erleichtert die Fokussierung der Aufmerksamkeit ungemein.

 

Multiplayer: Work in Progress…

Leider gibt es bisher nur eine einzige Möglichkeit, sich mit Freunden zu messen: Im SpeedUp Modus wird die Zeit mit dem entsprechenden Krankheitserreger auf der gewählten Schwierigkeit aufgezeichnet. In Tagen wird die eigene Bestzeit angegeben, die im Spiel verstreichen musste, bis die Menschheit ausgerottet war. Freunde können sich nun bemühen, diese Bestzeit zu schlagen.
Mehr bietet Plague Inc: Evolved leider noch nicht in Punkto Multiplayer. Weitere Spielmodi sind derzeit in Arbeit und werden auch bereits in der Alpha-Version getestet- bis Release wird aber vermutlich noch etwas Zeit vergehen.


Spielmotivation: Humor und Gesellschaftskritik

Beim ersten Spiel ist die Auswahl der Arten von Krankheitserregern sehr beschränkt- genau genommen auf einen einzigen. Sobald wir mit einem Krankheitserreger ein Spiel gewonnen haben, wird ein weiterer, meist schwierigerer, freigeschaltet. Aber auch innerhalb der Erreger können wir zwischen vier verschiedenen Schwierigkeitsstufen wählen. Und hier sollten vor allem die Strategen aufhorchen: Die zweite Stufe „normal“ ist noch gut machbar, lässt aber bereits bei nur einem kleinen Fehler schnell verzweifeln. An den nächsten beiden Schwierigkeitsstufen kann man sich wirklich die Zähne ausbeißen.

Plague Inc Screenshot Auf dem Weg zum SiegNeben realen Erregern wie Viren, Pilzen und Bakterien finden wir aber noch weitere- fiktive- Krankheitserreger in der Hauptkampagne. Jeder Erreger bringt natürlich andere Möglichkeiten und Fähigkeiten mit sich- und so können manche Erreger sogar die Menschheit versklaven, eine Zombie- Apokalypse auslösen oder den „Planet der Affen“ erschaffen, indem die Intelligenz unserer nächsten Verwandten enorm gesteigert wird und sie einen Aufstand anzetteln…

Aber auch verschiedenste Szenarien lassen sich in Plague Inc: Evolved nachspielen. Die Auswahl ist hierbei ganz ansehnlich und interessant: Von noch vor gar nicht allzu langer Zeit medienrelevanten Themen wie Schweinegrippe oder Aschewolke, bis hin zu fiktiven Voraussetzungen wie globalen Staatsbankrotten oder enormer Klimaerwärmung bietet ein und dieselbe Welt immer wieder neue Voraussetzungen, um sie zu infizieren und auszulöschen.
Ganz besonders unterhaltsam fand ich persönlich auch das Affengrippen-Szenario, welches an den Film „Planet der Affen“ angelehnt ist (und hierfür hat sich das Entwicklerteam Lizenzen geholt – im Film hatte ich sogar den Eindruck, als würde das Intro sich am Spiel orientieren… aber der Verdacht ist natürlich nicht belegbar).

Die Mischung aus gesellschaftskritischen Themen in den Szenarien und die amüsanten Entwicklungsmöglichkeiten zu aufständischen Affen und Zombies bieten eine gesunde Mischung, die manchmal zum Grinsen und ab und an sogar zum Nachdenken anregt. Die doch sehr anspruchsvollen Schwierigkeitsniveaus tragen ihr Übriges dazu bei, dass sich Plague Inc: Evolved einen regelmäßigen Besuch von Hobby- Chemiker- Terroristen- Strategen sichert.


Adaption: Vom Handy auf PC/Mac

Die mobile App Plague Inc gab es lange vor der PC/Mac-Version. Für nicht ganz 2€ kann man diese noch immer im AppStore oder bei GooglePlay kaufen und herunterladen. Bei Steam kostet das Spiel dagegen knapp 13€. Wieso also mehr ausgeben, wenn sich nur wenig merkliche Unterschiede in Spielmechanik, Story und Co. finden lassen?
Die Antwort ist eigentlich sehr einfach: Die App kommt mit einer mageren Ausstattung- deutlich weniger Krankheitserreger, weniger Szenarien und nur drei statt vier Schwierigkeitsstufen daher. Möchte man auch auf dem iPhone oder Android- Gerät alle Szenarien und Seuchen spielen können, müssen Erweiterungen und DLCs gekauft werden, die nochmals ungefähr 14€ kosten. Die Adaption auf die „Großen“ ist also auf alle Fälle gelungen und das Preis- Leistungs- Verhältnis stimmt im Vergleich zur mobilen Version definitiv. Und an weiteren Möglichkeiten wird- wie oben beim Multiplayer erwähnt- bereits gearbeitet. Der „Lieferumfang“ stimmt also, obwohl es sich um das Remake eines bereits nicht mehr allzu aktuellen Handyspiels handelt.
Nichtsdestotrotz wurde Plague Inc ausgezeichnet und konnte als mobiles Spiel mit über 25 Millionen Spieler weltweit enorme Beliebtheit gewinnen. Für ein unabhängiges Entwicklerstudio, welches sich erst 2012 gegründet hat, ist dies für das erste Spiel ein enormer Erfolg. Weitere kreative Ideen für die Smartphone- und PC/Mac-Variante sind also absehbar. Und irgendwann vielleicht auch ein weiteres Game, welches an den Erfolg anknüpfen kann.

 

Fazit und Wertung

Fazit: anspruchsvoll und erschreckend realistisch

Ich mochte Plague Inc bereits auf dem iPhone, sah es allerdings nie ein, für so viel Geld die zusätzlichen Inhalte zu kaufen. Auf Steam konnte ich dann einfach nicht widerstehen und bereue es bisher keineswegs. Die technische Umsetzung lässt in Grafik, Sound und auch Übersetzung unumstritten zu wünschen übrig; doch die Thematik ist interessant, das Spielprinzip macht Spaß und der strategische Anspruch spornt immer wieder neu an. Besonders die Mischung aus gesellschaftskritischen Themen und ein kleiner Funke Humor an wenigen Stellen lässt das Game nicht eintönig werden. Daher kann ich Plague Inc: Evolved jedem, der sich für Indie- Strategie interessiert und dem Grafik und Co. egal sind, ans Herz legen. Zumindest wenn dieses Herz einen kleinen Funken Bosheit und Menschenhass in sich trägt, der irgendwie nach draußen soll.

 

Kategorie

Punkte

Begründung

Story

8/ 10

Eine wirkliche Handlung gibt es natürlich nicht- aber die unterschiedlichen Seuchentypen und Szenarien sorgen immer wieder für neue Herausforderungen und Abwechslung

Gameplay

7/ 10

Steuerung geht einfach von der Hand und die Menü- und InGame- Führung sind übersichtlich und leicht zu bedienen

Grafik

6/ 10

Die Grafik wurde einfach von der Smartphone- Version auf den PC- Bildschirm übertragen Das Ergebnis ist auf der Weltkarte nicht sonderlich überzeugend. Die Menüs und DNS-Bäume dagegen überzeugen.

Sound

4/ 10

Abwechslungsreiche Hintergrundmusik mit etwas mehr Qualität wäre wünschenswert gewesen für die PC-Version. Die Hinweistöne für DNS-Blasen und Co sind allerdings äußerst hilfreich.

Gesamt

63 %

 

 


 

Info
Publisher Ndemic Creation
Entwickler Ndemic Creations
Plattform(en) Mac, Pc, Smartphone (iOs,Android) bald:Xbox One
Release PC/Mac 20.02.2014
Website @Ndemic
Spielzeit 20 – 30 Stunden
Anforderungen

Intel CPU Pentium 4  2,4 GHz

Nvidia GeForce 6800 GT

1 GB RAM

Win XP 32

Direct X 9

HDD Space 2 GB